Warum wir ständig so wenig Zeit haben
In unserer Kindheit war das noch anders – zumindest, wenn uns unsere Erinnerung keinen Streich spielt. Damals haben wir noch die Zeit gehabt, Abenteuer zu erleben, zu spielen, zu faulenzen, ins Schwimmbad zu gehen, Sport und Musik zu machen, als Messdiener aktiv zu sein und vieles mehr. Und Schule, Hausaufgaben und Freunde gab es natürlich auch noch.
Also, warum haben Erwachsene so wenig Zeit? Die meisten würden wohl antworten: Weil wir so viel zu tun haben! Verblüffend einfach. Aber stimmt das wirklich? Liegt die Ursache nicht vielleicht ganz woanders … und sind unsere überbordenden To-do-Listen und gefüllten Terminkalender nur die Folge davon, nicht die primäre Ursache?
Die primäre Ursache ist, dass uns auf dem Weg zum Erwachsenwerden irgendwann eingebläut wird, dass Freizeit etwas Schlechtes ist. Wer hat das nicht irgendwann mal gehört:
- „Lieg nicht auf der faulen Haut!“
- „Hast du nichts zu tun?“
- „Du musst was aus deinem Leben machen.“
- Und später: „Oh, ich sehe, Sie haben gerade Zeit … könnten Sie dann bitte kurz …“
Das sind nur ein paar typische Situationen, die wohl jeder einmal erlebt hat. Und die dazu führen, dass wir „Zeit zu haben“ als etwas begreifen, das es zu vermeiden gilt. In unserer Gesellschaft definieren wir uns daher vor allem über das, was wir leisten – über unsere Arbeit, unsere ehrenamtlichen Tätigkeiten und die Aufopferung für die Familie.
„Arbeit“, „Tätigkeit“, „Aufopferung“ … bilden Sie doch einmal die Gegenpole. Vielleicht lautet Ihre Antwort dann so ähnlich: „arbeitslos“, „untätig“, „Schmarotzer“ – Begriffe, die alle in unserer Gesellschaft recht negativ besetzt sind.
Wer nicht schief angesehen werden will, tut daher gut daran, immer beschäftigt zu sein und keine Zeit „unnütz“ zu vergeuden. Wenn diese Werte mal verinnerlicht wurden, dann hilft auch unser Unterbewusstsein dabei, uns regelkonform zu verhalten und immer beschäftigt zu sein. Selbst Prokrastination (oder banaler Aufschieberitis oder „Herumtrödeln“) bei ach so wichtigen Aufgaben wird dann verständlich: Es wäre ja schrecklich, wenn Sie vor der Zeit fertig würden … da würden ja der Chef, die KollegInnen und das Umfeld eventuell skeptisch: Vielleicht haben Sie nur oberflächlich gearbeitet? Oder haben Sie Fehler gemacht? Etwas übersehen? Vielleicht mangelt es Ihnen auch an Ehrgeiz und Einsatzbereitschaft? Also lieber bis zur letztmöglichen Minute die Deadlines ausnutzen und über den Stress klagen: Das kommt viel besser an!
Wenn Sie diese Zusammenhänge jedoch hinterfragen, dann können Sie mit der Ressource Zeit viel effektiver nutzen, Ihre To-do-Listen und Terminkalender entschlacken und Ihr eigenes Zeitmanagement optimieren. Fragen Sie sich einfach: Ist das wirklich nötig? Oder ist es nur Alibi? Ginge es vielleicht auch ohne? Oder ließe sich das schneller oder seltener machen? Irgendwie optimieren? Oder sogar delegieren? Dann könnten Sie sich nämlich etwas wirklich Kostbares gönnen: freie Zeit. Einfach, indem Sie Ihre Routine mal hinterfragen und ein wenig ausmisten!
Denn ganz ehrlich: Die wertvollste Lebenszeit ist nicht die, die Sie mit Arbeiten für andere verbringen, sondern die kostbaren freien Minuten, die Sie für sich selbst haben. Und jede einzelne davon, die Sie verstreichen lassen, können Sie nie wieder zurückholen.