Tokens und Cybercoins
Blockchain-Anwendungen und Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum werden derzeit vielfach als künftige Schlüsseltechnologien promotet. Ein wichtiges Element dabei sind virtuelle Tokens und Cybercoins.
Tokens und Cybercoins stellen die zentralen Werte dar, über die sich NutzerInnen an den Systemen beteiligen. So wie Euroscheine, Euromünzen und Centmünzen die Grundlage der Euro-Währung sind, sind Bitcoins, Ether und Co. die Basiseinheiten virtueller Währungen; man spricht von Cybercoins, auch wenn diese „Coins“ in der Regel keine physische Form haben und auch in Untereinheiten aufgeteilt werden können.
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17.10.2017, Haus der Industrie, Wien
Doch viele Krypto-Anwendungen wollen gar keine Alternative zu etablierten Währungen sein. Hier spricht man von Tokens. Tokens berechtigen zur Inanspruchnahme einer Serviceleistung in dem jeweiligen System. So könnte jemand eine Chat-Anwendung entwickeln, bei der jede versendete Nachricht ein virtuelles Token „kostet“. Der Anwender muss sich also diese Tokens besorgen – entweder durch Kauf oder durch andere Aktivitäten, die mit Tokens belohnt werden. Denkbar wäre beispielsweise, dass man mit Tokens dafür belohnt wird, Rechen- oder Speicherkapazität auf dem eigenen Rechner zur Verfügung zu stellen.
Neu und doch altbekannt
Im Grunde sind solche Tokens nichts Neues: Wer auf der Kirmes mit einem Autoscooter fahren wollte, hat sich an der Kasse entsprechend viele Fahrchips besorgt. Hatte man keine Lust mehr, aber noch Chips, dann konnte man sie verschenken oder an Bekannte verkaufen. Nur an der Autoscooter-Kasse konnte man sie nicht wieder zurücktauschen.
Bei virtuellen Coins und Tokens muss allerdings sichergestellt werden, dass sie fälschungssicher, nicht kopierbar („Double-Spending“-Problem) und damit einmalig sind. Im Grunde braucht jedes Token so eine eindeutige Seriennummer und kann nur ein einziges Mal verwendet werden. Dies wird durch kryptographische Verfahren sichergestellt.
Vor- und Nachteile
Für die Unternehmen, die virtuelle Coins und Tokens herausgeben, bietet das eine Menge Vorteile: So kommt bei Token- bzw. Coin-Sales „echtes“ Geld in die Kasse, während mit der Erzeugung und Ausgabe nur wenig Aufwand verbunden ist. Immer mehr Startups versuchen daher, über ICOs („Initial Coin Offer“, ähnlich zum IPO, dem initialen Börsengang, bei dem aber Anteile am Unternehmen offeriert werden) Geld durch den Verkauf oder die Versteigerung von virtuellen Coins und Tokens zu lukrieren. Das entspricht im Wesentlichen einer Crowdfunding-Kampagne, wobei die Investoren darauf hoffen, dass die erworbenen Coins und Tokens im Wert steigen und ggf. später mit Gewinn weiterveräußert werden können. Zugleich aber ist damit das Risiko des Totalverlusts gegeben, falls sich die Angebote des Unternehmens am Markt nicht durchsetzen. Die Anbieter betonen daher in der Regel, dass es sich bei den Coins und Tokens nicht um Sicherheiten im Sinne einer Anlageform handelt.
Trotzdem sind virtuelle Coins und Tokens bei weitem nicht so esoterisch und selten, wie man glauben könnte: Mittlerweile nutzen z.B. faktisch alle großen Spieleplattformen virtuelle Währungen für In-App-Käufe. Große Unternehmen wie Amazon, Apple, Google oder auch Zalando offerieren in Supermärkten Guthabenkarten, bei denen faktisch der Euro-Kaufbetrag in eine virtuelle Währung umgewandelt wird, die nur über den jeweiligen Anbieter ausgegeben werden kann und bei der Guthaben häufig nicht rückzahlbar sind. Zudem kann der Anbieter mit den von den Nutzern angehäuften virtuellen Guthaben arbeiten und das eingenommene Geld für sich arbeiten lassen.
Kundenbindung inklusive
Gerade für Spieleanbieter bieten diese virtuellen Coins und Tokens zudem noch weitere Vorteile: Statt In-App-Käufe mit Preisen in Euro und Cent auszuweisen, wird mit „Goldmünzen“, „Juwelen“ und „Talern“ bezahlt. Zudem gibt es auf eine „Truhe voller Gold“ einen erheblichen Rabatt gegenüber einzelnen Goldmünzen – die Spieler, vor allem Kinder, werden so verleitet, mehr virtuelle Einheiten zu kaufen als benötigt, und die Umrechnung in Euro wird erschwert. Wer aber ein entsprechendes spieleinternes Guthaben angesammelt hat, wird stärker an das Angebot gebunden. Zusätzlich lassen sich virtuelle Coins und Tokens auch innerhalb der Anwendungen als Belohnung einsetzen, oft gerade in Mengen, die dann dazu verleiten, das Guthaben durch Zukäufe aufzustocken.
Aber nicht nur Spiele- und App-Anbieter oder Online-Shops haben die Vorteile von eigenen virtuellen Währungen für sich erkannt: Im Grund basieren alle Guthabensysteme, die nicht direkt in Euro und Cent abrechnen, auf dem gleichen Gedanken. So hat beispielsweise Burger King mittlerweile in Russland damit begonnen, eine eigene virtuelle Währung als Kundenbindungsinstrument einzuführen: die Whoppercoins.