So können Unternehmen ihre IT-Kosten um bis zu 20 Prozent senken
Ein Gastbeitrag von Michael Latschbacher
Aufgrund der digitalen Transformation, in welcher sich Unternehmen momentan befinden, rechnet das Beratungsunternehmen Gartner mit einem Wachstum der IT-Ausgaben von 9 Prozent im Jahr 2021. Steigende Ausgaben im IT-Bereich machen diesen zu einem kritischen Kostenfaktor. Daher stellt sich die Frage, wie der IT-Einkauf nicht nur als Kostenfaktor, sondern als wichtiger potentieller Wettbewerbsvorteil gesehen werden kann. Klar ist, dass Unternehmen noch genauer hinsehen müssen, um ihre IT-Ausgaben kostenoptimal zu gestalten.
IT-Infrastruktur veraltet schneller
Viele Firmen sehen sich mit der Situation konfrontiert, dass Lebenszyklen der IT-Infrastruktur immer kürzer werden. Dies gilt sowohl für Hardware, als auch für Software. Insbesondere hinsichtlich Software wird man zu sehr teuren Updates gezwungen, während sich der Mehrwert dadurch leider oft auf die Wartungsfähigkeit beschränkt.
Abrechnungsmodelle verändern sich
Auch die Abrechnungsmodelle selbst entwickeln sich immer öfter zu wiederkehrenden Kosten (ähnlich wie bei Abos), durch welche sich IT-Hersteller eine größere Kundenbindung und sichere regelmäßige Einkünfte erwarten. Dieser Trend zeichnet sich durchwegs über alle Hersteller und Integratoren ab, nicht zuletzt befeuert durch die vielen Cloud-Angebote.
Für den Kunden bedeutet dies eine höhere Abhängigkeit und eine noch genauer benötigte Planung. Immer wieder steht man auch vor der Entscheidung, zwischen einer der vielen Finanzierungsformen zu wählen, welche von Miet- und Leasingmodellen bis hin zu unterschiedlichen Kreditformen reichen. All diese Aspekte fanden in der „klassischen“ IT-Beschaffung lange zu wenig Beachtung und müssen daher in Zukunft vermehrt beleuchtet werden.
Wie lassen sich Einsparungen realisieren?
Es sind verschiedene Faktoren dafür verantwortlich, dass Unternehmen im IT-Bereich Einsparpotentiale von 10 bis 20 Prozent haben, ohne auf Qualität und Leistung verzichten zu müssen.
Ganz im Gegenteil: Durch eine professionelle IT-Beschaffung wird die Qualität erhöht, Transparenz geschaffen und Risiko weitgehend minimiert.
Zu oft finden sich in Firmen noch alte Strukturen, bei denen die IT-Abteilung den Bedarf bestimmt und diesen bereits in Form von zwei bis drei Angeboten der Bestandslieferanten an den Einkauf weitergibt. Der Einkauf drückt in weiterer Folge den Preis so weit hinunter, wie es nötig ist, um die vorgegebenen Einkaufsziele zu erreichen. Interessanterweise sieht man derartige Strukturen sowohl bei mittleren als auch bei großen Unternehmen.
Das Ergebnis sind suboptimale Preise, eine hohe Abhängigkeit gegenüber einzelnen Lieferanten und Themenbereiche, wie etwa Wartungs- und Finanzierungsverträge, welche meistens gar nicht beleuchtet oder etwa neu verhandelt werden.
Indem man sich diesen Herausforderungen stellt und proaktiv mit einem ganzheitlichen und interdisziplinären Ansatz agiert, können sowohl externe als auch interne Kosten deutlich minimiert werden.
Moderner IT-Einkauf mit Kostenoptimierung ist interdisziplinär
Dies gilt für betroffene Fachabteilungen, den Einkauf und verschiedene Entscheidungsträger. Zudem darf der Kundenfokus nicht außer Acht gelassen werden. Dabei muss Silo- und Konkurrenzdenken zwischen Abteilungen so gut wie möglich eliminiert werden.
Außerdem braucht es für eine erfolgreiche und stetige Weiterentwicklung die Fähigkeit zur Selbstreflexion und den Willen, sich weiterzuentwickeln. Viel zu oft verfolgen IT- als auch Einkaufsabteilungen den trügerischen Ansatz, dass sie bereits perfekt aufgestellt sind und es kein Verbesserungspotential gibt.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Unterstützung der Geschäftsführung und die Miteinbeziehung des Einkaufs in wichtige Entscheidungen, damit der Beschaffungsabteilung nicht die Anreize fehlen.
Strategisches Lieferantenmanagement
Sehr oft sehen sich Unternehmen mit einer hohen Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten konfrontiert. Diese Abhängigkeit wird umso gefährlicher, wenn Leistungsmängel, nicht eingehaltene Lieferzeiten und Verletzung von Service Level Agreements (SLAs) hinzukommen. Daher ist es unabdingbar, ein strategisches und klar strukturiertes Lieferantenmanagement zu betreiben.
Es ist beispielsweise enorm wichtig, eine regelmäßige Analyse, Bewertung und auch Weiterentwicklung der Lieferanten zu forcieren. Außerdem sollte eine Evaluierung des Lieferantenportfolios sowie Marktscreenings in vernünftigen Zeitabständen durchgeführt werden.
Die im strategischen Lieferantenmanagement gewonnenen Daten können in vielerlei Hinsicht verwendet werden und tragen unterstützend zur Kostenoptimierung bei (z.B. in Form von Benchmarks). Nicht nur für regulatorische Zwecke kann es zudem essentiell sein, regelmäßige Lieferantenaudits durchzuführen.
So ist es möglich, die besten Einkaufskonditionen bei gleichzeitig hohen Qualitätsansprüchen zu bekommen. Außerdem führt es zu effizienten Lieferketten mit reduzierter Komplexität. Insbesondere die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, ein diversifiziertes Lieferantenportfolio mit Zugang zu einer größeren Anzahl an Märkten zu haben – nicht zuletzt auch, um das Ausfallsrisiko zu minimieren.
Dies bringt Vorteile und Planungssicherheit für beide Seiten. Auch hier ist beidseitige Transparenz wichtig, um die gleiche Vorstellung hinsichtlich Anforderungen und Ziel zu haben. Beispielsweise zeigt ein genau ausgearbeiteter Request for Quote (RFQ) für beide Seiten die zu erfüllenden Anforderungen transparent auf.
Prozessmanagement
Prozesse sind ein wesentlicher Stellhebel für Optimierung. Es bedarf effektiver und schlanker Prozesse, um Markt- und Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. Dies führt in weiterer Folge zu einem besseren Gesamtüberblick und einer fundierten Entscheidungsgrundlage.
Es sollte genau definiert werden, wie die verschiedenen Kernprozesse als auch die unterstützenden Prozesse aufgebaut sind. Dies beinhaltet klare Ziele und Zuständigkeiten, um effiziente Entscheidungswege sicherzustellen. Ein Beispiel dafür wäre, festzulegen, wie der Prozess bei der Bedarfserhebung, der Erstellung einer Ausschreibung, oder der Ausarbeitung eines RFQ aussieht und wie am Ende die Abwicklung durchgeführt wird. Dies spart externe Kosten aber zu einem großen Teil auch interne Kosten.
Durch unzureichend ausgebautes Prozessmanagement werden leider oft Anforderungen übersehen und wichtige Entscheidungsträger nicht oder nur unzureichend miteinbezogen. Bei der Ausgestaltung der Prozesse ist ebenso auf Interdisziplinarität zu achten.
Vertragsmanagement
Sich ändernde Marktbedingungen, komplexe und intransparente Vertragsgeflechte und ein damit einhergehendes schwieriges Monitoring stellen oft einen erheblichen Kostentreiber dar.
Zudem führen derartige vertragliche Konstrukte zu einem erheblichen Risiko für den Kunden.
Es ist daher unerlässlich, sich umfassend und abteilungsübergreifend mit dem Thema Verträge und Vertragsinhalte zu beschäftigen, diese laufend zu evaluieren und ggf. neu zu verhandeln.
Betroffen ist die gesamte Spannbreite, wie beispielsweise Wartungsverträge, Finanzierungsverträge, Mietverträge oder Leasingverträge. Schon allein die Verschiedenheit der Verträge legt nahe, dass man sich von verschiedenen Blickwinkeln heraus mit der Thematik beschäftigen muss. Dies betrifft sowohl den Inhalt hinsichtlich rechtlicher und technischer Natur, als auch die kaufmännische Komponente.
Es muss darauf geachtet werden, dass transparent dargelegt wird, welche Komponenten z.B. in einem Wartungsvertrag abgedeckt sind. In der Praxis finden sich Unternehmen häufig in einer Situation, in der die „Telefonanlage“ unter Wartung steht, man aber nicht genau sagen kann, welche Komponenten in diesem Vertrag inkludiert sind und welche nicht. Dadurch wird auch eine genaue Kostenzuordnung schlicht unmöglich.
Ebenso wichtig ist die Evaluierung bezüglich Vertragserfüllung (z.B. ob SLAs eingehalten werden und wenn nicht, was die Ursachen dafür sind). Auch hier kann wieder auf ein funktionierendes Prozessmanagement und eine interdisziplinäre Herangehensweise verwiesen werden.
Fazit
Unternehmen sehen sich zunehmend mit steigenden IT-Ausgaben und einer komplexen Marktsituation konfrontiert. Durch eine IT-Beschaffung, welche ganzheitlich sowie interdisziplinär ausgerichtet ist, lassen sich IT-Kosten, wie sich in der Praxis zeigt, um 10 bis 20 Prozent senken. Die Potentiale dadurch sind enorm, nicht zuletzt, weil reduzierte Kosten am Ende des Jahres auch immer ein besseres Unternehmensergebnis bedeuten.
Über den Autor
Michael Latschbacher, MSc.; Geschäftsführer von Minutio Consulting, jahrelange Erfahrung im Verkauf und Einkauf in der IT-Branche sowie im Projekt- und Prozessmanagement
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