Smarte Produkte: Fertigungsbranche schöpft Potenzial nicht aus
Die globale Fertigungsindustrie könnte mit der Entwicklung smarter, vernetzter Geräte bis 2020 einen Umsatz von 519 bis 685 Milliarden US-Dollar erzielen. Doch trotz Investitionen ist es für viele Unternehmen ein schwieriger Weg, ihre Produktion erfolgreich auf Digital Engineering umzustellen. Dies zeigt die Studie „Digital Engineering: Wachstumsmotor für die Fertigungsbranche“ des Digital Transformation Institute (DTI) von Capgemini.
Kernaussagen der Studie, für die 1.000 Führungskräfte in neun Ländern befragt wurden:
- 93 Prozent der erfolgreichen Unternehmen nutzen Daten smarter Produkte; branchenweit nur ein Viertel.
- Zielkonflikte behindern Innovationen in 60 Prozent der Unternehmen.
- Mangel an Software-Kenntnissen, digitalen Strategien und Kooperationen erschweren servicebasierte Geschäftsmodelle.
Die Fertigungsbranche setzt auf neue Technologien: 50 Prozent der befragten Unternehmen planen, in den nächsten zwei Jahren über 100 Millionen Euro in digitale Technologien zu investieren. Die 1.000 befragten Führungskräfte gehen davon aus, dass 50 Prozent ihrer Produkte 2020 smart, vernetzt und somit fähig sind, Daten zu erfassen und mit ihrer Umgebung auszutauschen. Damit werden auf den Service ausgerichtete Geschäftsmodelle bedeutsamer, 18 Prozent der Anbieter wollen bis 2020 sogar ohne klassische Produktfertigung auskommen. Der Anteil des Betriebs bestehender Altsysteme am IT-Budget sinkt im Vergleich zu 2014 von 76 auf 55 Prozent. Dennoch fällt es vielen Unternehmen schwer, die Produktion smarter Produkte voranzutreiben.
„Unsere Studie zeigt, dass die erfolgreichsten Unternehmen einen definierten digitalen Strategieplan und eine für Experimente und agiles Handeln offene Unternehmenskultur haben und mit anderen Unternehmen bei der Produktinnovation kooperieren“, betont Dr. Markus Rossmann, Leiter des internationalen Kernteams der Digital Manufacturing Services bei Capgemini. „Vor allem aber nutzen 93 Prozent der erfolgreichen Unternehmen aus smarten Produkten generierte Daten, um daraus umsetzbare Erkenntnisse abzuleiten. Branchenweit macht davon heute nur rund ein Viertel aller Unternehmen Gebrauch.“
Servicebasierte Geschäftsmodelle: Spagat zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Aktuell profitieren Unternehmen nur bedingt von den seit 2014 zunehmend in die Digitalisierung investierten Beträgen. Zwei Drittel der Befragten sehen einen Grund dafür in widersprüchlichen Zielen: Sie sollen Markteinführungen beschleunigen, indem bestehende Produkte weiterentwickelt werden, jedoch auch vermehrt in neue, vernetzte Produkte investieren.
Zudem ist es 60 Prozent der Unternehmen noch nicht gelungen, den gesamten Lebenszyklus eines Produkts von der Entwicklung bis zur Fertigung vollständig zu digitalisieren. In die Forbes-Liste der innovativsten Unternehmen schafft dies aktuell nur jedes fünfte Unternehmen der Branche, trotz eines Anteils von 58 Prozent an den weltweiten Forschungs- und Entwicklungsausgaben.
Jean-Pierre Petit, Head of Digital Manufacturing bei Capgemini, dazu: „Das für die nächsten zwei Jahren prognostizierte Potenzial intelligenter, vernetzter Produkte und digitaler Kontinuität ist zu groß, um den Investitionsbedarf zu ignorieren. Doch der Weg zum Erfolg ist anspruchsvoll. Die Branche muss eine Balance zwischen dem Erhalt ihres Kerngeschäfts und Investitionen in neue digitale Technologien finden. Sie sollten in digitale Fähigkeiten, Ökosysteme, Werkzeuge, Roadmaps und neue Arbeitsweisen investieren. Wer dies richtig angeht, wird nachhaltig davon profitieren.“
„Unser Ziel ist es, das Geschäftsmodell so weiterzuentwickeln, dass es servicebasiert ist und Cloud-Architekturen beinhaltet. Dies ist der entscheidende Weg, um sich in einem Markt reiner Hardware-Anbieter über unser Leistungsversprechen zu unterscheiden“, sagt Antoine Destribats, Vice President – Industrial Operations bei Schneider Electric.
Smarte Produktentwicklung benötigt Dateneinsatz und Software-Skills
Die Studie verdeutlicht, dass moderne Konzepte wie Digital Twins, eine auf dem Internet der Dinge aufbauende Technologie, selten genutzt werden. Die virtuellen Abbilder physischer Objekte werden nur von 16 Prozent umfassend genutzt, 45 Prozent sind noch nicht über die Pilotphase hinaus. Insgesamt fließen zu wenige der generierten Daten in den Design- und Entwicklungsprozess: Nur ein Viertel der Hersteller nutzen Daten aus vernetzten Produkten zur Produktinnovation.
Künstliche Intelligenz zur Analyse von Kundendaten kommt bei zwei von fünf Unternehmen zum Einsatz. 54 Prozent der Unternehmen haben Programme zur Kooperation mit Start-Ups, Drittanbietern und Zulieferern aufgesetzt, doch weniger als ein Drittel nutzen die Ökosysteme zur gemeinschaftlichen Produktentwicklung. Software-Kenntnisse für Digital Engineering fehlen vor allem der Hälfte der Unternehmen, die bis dato am wenigsten den Wechsel zur Produktion smarter Produkte vollzogen haben. Dort fehlt es an Kenntnissen über Datenmanagement (bei 86 Prozent), App-Design (95 Prozent) und Künstlicher Intelligenz (94 Prozent).
„Da die Konnektivität von Produkten zunimmt, werden vermehrt Software-Kenntnisse für den Herstellungsprozess benötigt. In der Fertigungsindustrie werden die Produktzyklen kürzer, wie wir das aus der Digitalbranche bereits kennen. Die Studie belegt, dass Hersteller Software-Kenntnisse, eine durchgehend digitale Produktion und den Übergang zu servicebasierten Geschäftsmodellen als wichtigste Faktoren einer sich wandelnden Branche betrachten“, so Rossmann. „Unternehmen müssen sich mit Trainings, Tools und neuen Wegen kollaborativen Arbeitens dafür wappnen. Nur mit Neueinstellungen wird es nicht getan sein.“
Die Studie
Für die Studie wurden 1.000 Führungskräfte globaler Fertigungsunternehmen in neun Ländern befragt: Deutschland, Italien, Indien, China, Schweden, Niederlande, Frankreich, Großbritannien und die USA. Die Führungskräfte üben verschiedene Funktionen aus und haben eine Director-Position oder höher inne. Jede/r der Befragten ist in die Digital-Engineering-Initiativen ihres/seines Unternehmens involviert. Die Stichprobe umfasst eine Reihe von Branchensegmenten, darunter Automobil- und Transportwesen, Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung, industrielle Fertigung, industrielle und landwirtschaftliche Geräte, Hochtechnologie und medizinische Geräte. 62 Prozent der befragten Unternehmen erzielen einen jährlichen Umsatz von mindestens zwei Milliarden US-Dollar.
Der Report steht hier zum freien Download bereit (PDF, 40 Seiten, 2,5 MB).
Über Capgemini und das Digital Transformation Institute
Capgemini ist einer der weltweit führenden Anbieter von Management- und IT-Beratung, Technologie-Services und Digitaler Transformation. Das Digital Transformation Institute ist Capgeminis hauseigener Think-Tank in digitalen Angelegenheiten.
(Quelle: ots/ Capgemini)