Operational Technology (OT)
Immer häufiger werden Systeme und Maschinen aus der Ferne überwacht und gesteuert. Die Hard- und Software für diese Fernwartung und Fernsteuerung wird als Operational Technology (Operationale Technologien, kurz: OT) bezeichnet.
Früher wurden OT nur selten eingesetzt, z.B. um Windkraftanlagen oder Automaten aus der Ferne zu kontrollieren. Dem benötigten technischen und administrativen Aufwand sowie den Kosten für die Datenübertragung stand vielfach kein adäquater Nutzen gegenüber.
Heute hingegen sind nicht nur komplexe Maschinen und Anlagen über OT an Steuerzentralen angebunden, sondern die Technik hält auch Einzug in alle Arten „smarter“ Alltagsgegenstände. Dies reicht im Privathaushalt von der Hausautomatisierung mit „intelligenter“ Beleuchtung, die sich aus der Ferne ein- und ausschalten lässt, und „smarten“ Sensoren und Heizungssteuerungen über Pkws, deren Sitzheizung man bereits aus der Ferne einschalten kann, bis hin zum Drucker, der selbsttätig Toner bzw. Tinte bei niedrigem Stand nachbestellt.
Auch der Kfz-Techniker (der heute weniger Mechaniker als Programmierer ist) kann nicht nur die Fehlerdiagnosen moderner Fahrzeuge digital auslesen, sondern auch digitale Parameter verändern, die sich auf das Fahrzeugverhalten auswirken. Tesla kann bei seinen Fahrzeugen eine Akkureserve aus der Ferne freischalten (wie mehrfach bei Unwetterwarnungen mit Evakuierungen z.B. in Florida geschehen), aber auch Zusatzfunktionen gegen Aufpreis aktivieren, ohne das Fahrzeug mechanisch umrüsten zu müssen.
OT sind auch ein zentraler Bestandteil von Industrie-4.0-Konzepten: Nur, wenn Produktions- und Fertigungsanlagen in Echtzeit überwacht und jederzeit über eine Zentrale automatisiert und aufeinander abgestimmt rekonfiguriert werden können, lassen sich Ausfall- und Umrüstzeiten minimieren und flexible Produktionsanlagen für kleine und kleinste Losgrößen effektiv realisieren. Predictive Maintenance kann Unternehmen so viel Zeit und Geld ersparen, wäre ohne OT aber gar nicht denkbar.
Anlagenbauer sehen ein neues Geschäftsmodell darin, Fernwartung für ihre Anlagen, aber auch erweiterte Funktionen oder höhere Produktionsleistungen für ihre Systeme als Zusatzservices an Kunden gegen monatliche Gebühren zu offerieren. So sind auch ausstoß- bzw. leistungsabhängige Kalkulationsmodelle („pay on demand“) basierend auf OT möglich. Ebenso basieren moderne Zugangskontrollsysteme auf OT.
Generell bedeutet der Einsatz von OT, dass die Systeme eine Schnittstelle nach außen bieten müssen. Diese kann eine Verdrahtung benötigen, neuere Systeme setzen jedoch immer häufiger auf drahtlose Kommunikation. Experten erwarten, dass mit dem kommenden 5G-Mobilfunkstandard die Zahl der so vernetzten Geräte explosionsartig ansteigen wird.
Zusätzlich zur Schnittstelle wird ein Kommunikationsprotokoll benötigt: Für die Fernüberwachung würde es ausreichen, nur die Betriebsparameter und ggf. Fehlerprotokolle des Systems abrufen zu können. Ist allerdings eine Fernsteuerung gefordert, so muss das Kontrollsystem Änderungen vornehmen bzw. Befehle an das System absetzen können, die dieses umsetzt. Dabei wurde in der Vergangenheit wenig Wert auf Systemsicherheit gelegt. Viele mit OT ausgerüstete Geräte sind daher potenziell angreifbar.
So haben Sicherheitsforscher gezeigt, dass sich bei modernen Fahrzeugen Hacker über die OT-Schnittstelle Zugang verschaffen konnten und die Zentralverriegelung, aber auch Gas und Bremse im Fahrbetrieb manipulieren konnten. Viele „smarte“ Geräte von der per App steuerbaren LED-Beleuchtung bis zur Überwachungskamera für das Kinderzimmer lassen sich von Hackern übernehmen. Aber in Unternehmen und der öffentlichen Infrastruktur sieht es kaum besser aus: Immer wieder gibt es Berichte, dass die ungenügende Absicherung der OT-Schnittstellen ein potenzielles Einfallstor für Hacker darstellt.