Nearables
Als Nearables werden Computersysteme bezeichnet, die drahtlos mit sich annähernden Objekten interagieren können. So werden “smarte Objekte” möglich, die auf Veränderungen in ihrer Nähe reagieren und berührungslos Steuer-, Regel- und Übertragungsfunktionen initiieren können.
Der Begriff “Nearables” wurde analog zu dem der Wearables geprägt. Letztere bezeichnen mit Sensoren gespickte, am Körper tragbare Gadgets, die beispielsweise Puls, Herzfrequenz, Körpertemperatur, zurückgelegte Schritte usw. aufzeichnen. Nearables werden im Gegensatz dazu nicht am Körper getragen, sondern unauffällig an bestimmten Orten angebracht, um bei Annäherung oder bestimmten Messwerten Funktionen auszulösen, Abläufe zu steuern oder Nachrichten zu versenden. So ist es beispielsweise möglich, Nearables dazu einzusetzen, das Licht in der Wohnung oder im Büro automatisch ein- oder auszuschalten, wenn sich ein bestimmtes Smartphone (und damit sein Besitzer) in den Empfangsbereich bzw. wieder hinaus bewegt. Ebenso kann die Heizung oder Klimaanlage in Firmengebäuden automatisch gedrosselt werden, wenn sich keine Mitarbeiter mehr im Großraumbüro aufhalten. Im Kino könnten Nearables beim Betreten des Saals automatisch Handys stumm schalten – entsprechende Funktionswünsche von Kinoketten wurden bereits an die Hersteller der Handys herangetragen. Und am Bahnhof könnte das Smartphone automatisch die nächsten Zugfolgen für den jeweiligen Bahnsteig empfangen.
Tatsächlich sind Nearables gar nicht so neu und werden längst in der Waren- und Informationslogistik eingesetzt: RFID-Tags sind nichts anderes als eine industrielle Nearables-Anwendung, da die Etiketten berührungslos ausgelesen werden können. Auch Beacons basieren auf dem gleichen Konzept und ermöglichen es in Museen beispielsweise, dass Besuchern auf dem eigenen Smartphone in Kombination mit der museumseigenen App oder auf einem geliehenen elektronischen Museumsführer immer die passenden Zusatzinformationen zu dem Exponat angezeigt werden, vor dem der Besucher gerade steht. Damit muss er sich nicht mehr an eine vorgegebene Route halten, sondern kann sich alles in beliebiger Reihenfolge anschauen, ohne ständig in seinem Führer blättern und suchen zu müssen.
Auch der Einzelhandel setzt zunehmend auf die gleichen Technologien – und das gleich doppelt: Einerseits sollen den Kunden so Zusatzangebote und -services bereitgestellt werden – im Apple Store wird automatisch erkannt, dass der Kunde eingetroffen ist, der eine Reservierung getätigt hat, und seine Bestellung im Hintergrund vorbereitet. Im Coffeeshop kann man seine Bestellung ebenfalls vorab aufgeben und sie wird frisch zubereitet, wenn man in der Mittagspause den Laden betritt – kein lästiges Warten in der Order-Schlange mehr. Andererseits nutzen Supermärkte aber auch die von den Handys der Kunden ausgesandten Funksignale, um diese im Markt zu tracken und Bewegungsprofile zu erstellen. In den USA, wo Datenschutzbedenken eine geringere Rolle spielen, werden so sogar wiederholte Kundenbesuche miteinander abgeglichen und die Einkäufe (durch Kombination des Trackings mit dem Kassensystem) den (angeblich anonymisierten) Profilen zugeordnet.
Die Nearables-Technologie ist damit Segen und Fluch zugleich. Das größte Risiko besteht darin, dass wir mit unseren Handys unbewusst dauerhaft als Signalgeber fungieren und im Prinzip jedem ermöglichen, unsere Spuren zu tracken und auszuwerten, sobald wir nur in die Nähe seiner Nearable-Tracker kommen.