Konsumgüterhersteller schöpfen Digitalisierungspotenzial nicht aus
Deutsche Konsumgüterunternehmen hinken bei der Umsetzung der Digitalisierung im internationalen Vergleich oft hinterher. Sie tun sich nach wie vor schwer, neue Trends in ihren Geschäftsmodellen und Wertschöpfungsketten umzusetzen. Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Analyse von AlixPartners, der „Global Digital Transformation Study in Consumer Products“.
In der Studie befragte das globale Beratungsunternehmen 1.100 Entscheider der Konsumgüterindustrie aus Deutschland, China, Frankreich, Indien, Großbritannien und den USA, die für das Thema Digitalisierung verantwortlich waren oder noch sind.
Ein besonders prägnantes Beispiel: 69% der Entscheider deutscher Konsumgüterunternehmen schätzen digitales Marketing als effektiver als traditionelles Marketing ein.
Digitalisierung als universalen Heilsbringer zu sehen, funktioniert jedoch nicht: Lediglich 33% aller entsprechenden Ausgaben dieser Unternehmen im vergangenen Jahr hatten einen messbaren positiven ROI. Zwei Drittel aller Investitionen, also rund 245 Mio. Euro, gingen verloren.
Damit stehen deutsche Konsumgüterunternehmen deutlich schlechter da als der globale Durchschnitt, hier beträgt der positive ROI immerhin 42%. Die Branche schöpft vorhandene Potenziale also noch längst nicht aus.
Diese Erkenntnis hinterlässt Spuren: Genau die Hälfte der Befragten bezeichnet den Transformationsprozess als frustrierend.
Digitalisierung schafft Veränderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette
Dass die Digitalisierung wegweisende Veränderungen im Unternehmen hervorruft und Prozesse von Grund auf neugestaltet werden müssen, haben die Befragten bereits erkannt: So gehen die Entscheider jeweils zu mehr als 60% von fundamentalen Veränderungen in allen Unternehmensbereichen aus, von Research und Development über Beschaffung bis hin zu Sales und Marketing. Mit 79% stehen IT und Technologie erwartungsgemäß an der Spitze des Rankings.
„Die Branche hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt: „Kunden werden anspruchsvoller, der Markt wird transparenter, und auch die Vertriebskanäle ändern sich“ sagt Peter Heckmann, Managing Director und Handelsexperte bei AlixPartners. „Das betrifft die gesamte Industrie und alle Unternehmensbereiche. Wer sich vor der Digitalisierung verschließt, verpasst seine Chance. Um dies zu verhindern, braucht es Vordenker mit Mut zum Risiko, welche die Digitalisierung im Kern des Unternehmens verankern.“
Deutsche Unternehmen betrachten eigene digitale Performance kritisch
Noch sind die deutschen Manager skeptisch, was ihre eigene Performance angeht: So glauben 36%, dass das eigene Unternehmen nicht „digital mature“ sei, sondern ordnen sich im Entwicklungsstadium ein.
Damit äußern sich die Deutschen verglichen mit allen anderen befragten Ländern am verhaltensten, was das Vertrauen in die eigene Digitalisierung angeht – knapp vor Frankreich, bei denen sich nur 35% als „digital mature“ bezeichnen.
Nur 18% der Befragten aus Deutschland würden sich als Digital Leader beschreiben. Hier wiederum liegen Unternehmen aus den USA vorne: 34% aller befragten Manager aus diesem Land ordnen ihr Unternehmen in der höchsten Stufe ein.
Sind deutsche Unternehmen bei der eigenen Einschätzung eher pessimistisch, erkennen sie doch das deutliche Potenzial der Digitalisierung: 69% der Konsumgüterhersteller, die sich als Digital Leader bewerten, sehen E-Commerce als elementar für die Weiterentwicklung des stationären Handels an. Das sind wiederum mehr als der internationale Durchschnitt (51%).
„Vielen Entscheidern ist schmerzhaft bewusst, dass sie dem Digitalisierungsdruck derzeit nicht mit adäquaten Strategien begegnen können und noch ein langer Weg vor ihnen liegt. Damit beurteilen sie die eigene Lage selbstkritisch, aber realistisch. Das Problem: Sie wissen nicht, wo sie am besten ansetzen sollen, um das Unternehmen im Sinne der Kundenorientierung zu digitalisieren“, sagt Peter Heckmann.
„Externe Partnerschaften oder die Akquise von Digital Talents können zum Katalysator des Wandels werden und notwendige Impulse in die richtige Richtung geben. Eine weitere zentrale Rolle spielt die Unternehmenskultur, die von Entscheidern so gestaltet werden muss, dass sie den Wandel befördert. Nicht zuletzt deshalb bleibt Digitalisierung immer ein Leadership-Thema.“
Zentrale Punkte für einen erfolgreichen Transformationsprozess
64% der befragten Entscheider sehen in der Digitalisierung eine zentrale Chance, das eigene Business positiv zu verändern, aber erkennen weiterhin Stolpersteine auf dem Weg dorthin. So können vor allem eine nicht ausreichende Finanzierung und die Unternehmenskultur dem Wandel im Weg stehen.
Auch zu wenig Experimentierfreude und ein Mangel an Digitalexperten stellen Hindernisse dar.
Diese Erkenntnis bietet für Entscheider die Möglichkeit, genau die genannten Punkte proaktiv anzupacken.
„Um ‚Digitalisierungsmüdigkeit‘ und damit verbundenem Frust entgegenzuwirken, sollten Führungskräfte eine Unternehmenskultur etablieren, welche offene Kommunikation vorantreibt und den Willen, etwas Neues zu wagen, fördert. Risiken müssen bereitwillig von der Chefetage mitgetragen werden“, rät Peter Heckmann.
„Das Ziel: Die digitale Transformation muss von allen gelebt werden, die Top-Management-Ebene dafür die Voraussetzungen schaffen und Projekte unterstützen, auch wenn diese einen disruptiven Wandel für das Unternehmen bedeuten.“
(Quelle: ots / AlixPartners; Bild von Mudassar Iqbal auf Pixabay)