Industrie 4.0: Der Weg ins digitale Zeitalter
Was ändert sich durch Industrie 4.0 für die Unternehmen? Welche Auswirkungen hat das auf die Schnittstelle Mensch – Maschine? Was sollten Unternehmen hinsichtlich der rechtlichen Aspekte von Industrie 4.0 beachten und wo gibt es finanzielle Unterstützung für Projekte und Vorhaben?
Eine Tagung des ÖPWZ in Wien Ende März ging diesen Fragen nach. Hier einige Kernpunkte.
Der Begriff “Industrie 4.0” geht auf ein Projekt zurück, das die deutsche Bundesregierung im Rahmen ihrer Hightech-Strategie ins Leben gerufen hat. Die Bezeichnung Industrie 4.0 oder auch „Vierte industrielle Revolution“ wurde 2011 anlässlich der Hannover Messe zum ersten Mal in die breitere Öffentlichkeit getragen. Es geht dabei um die Verknüpfung der industriellen Produktion mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik, im Besonderen der Internettechnologie.
Mensch, Maschine und Produkte interagieren im sogenannten „Internet der Dinge“ (IoT) miteinander, ein weiteres Schlagwort, das mit der Digitalisierung verbunden wird. Die Begriffe „Losgröße 1“ und „Sharing Economy“ weisen auf Veränderungen in den Geschäftsmodellen hin, die sowohl den Business-to-Business- wie den Business-to-Consumer-Bereich künftig immer stärker prägen werden.
Damit die nahtlose Kommunikation über den gesamten Prozess von der Entwicklung bis zur Auslieferung – auch über komplexe globale Supply Chains hinweg – funktioniert, bedarf es einheitlicher technischer, aber auch rechtlicher Normen und Standards. Zahlreiche Arbeitskreise, Arbeitsgruppen und nationale und internationale Allianzen und Initiativen nehmen sich der Aufgabe an, diese zu definieren und zu verhandeln. Dabei geht es um handfeste wirtschaftliche Interessen: um Wettbewerbsfähigkeit, Ressourceneffizienz und im weitesten Sinne um das Überleben in immer volatiler werdenden Märkten.
Die Schnittstelle Mensch – Maschine
Die Interaktion von Menschen, Maschinen und Produkten ist das Fachgebiet der Usability-Experten. Deren Aufgabe ist es unter anderem, dafür zu sorgen, dass die Anwender mit den Anwendungen zurechtkommen, sei es in der Produktion, sei es später draußen beim Kunden.
„User Experience“ oder auch „Mitarbeiter-Experience“ ist im Zeitalter von Industrie 4.0 ein immer wichtiger werdendes Element in der Produktionskette, um nicht zu sagen ein unternehmenskritischer Faktor, denn wie bei Industrie 4.0 insgesamt geht es auch hier um Produktivität und Effizienz.
Es reicht nicht mehr aus, das „Human Machine Interface“ (HMI), die Schnittstelle Mensch – Maschine, rein auf die Funktionen Steuern, Verwalten, Überwachen auszulegen, sondern das Interface muss positive Nutzungserlebnisse fördern, um die Motivation und die Leistungsbereitschaft der Anwenderinnen und Anwender zu steigern. Und es kann durch sein hochwertiges und attraktives Design Alleinstellungsmerkmale schaffen.
Darin steckt viel Potenzial hinsichtlich Design, Benutzbarkeit und Prozessen, und wir sprechen dabei nicht nur von Bedienfeldern auf Touchscreens, der Anordnung von Inhalten auf Dashboards oder der Gestaltung von Apps für Tablets oder Smartphones, sondern auch von ganz neuartigen Bedienungskonzepten, zum Beispiel über Gestensteuerung und andere sensorische Technologien.
Usability ist ein Produktivitätsfaktor, der hilft, Bedienungsfehler zu vermeiden und den Schulungsaufwand zu reduzieren, aber sie birgt eben auch ein sehr hohes Innovationspotenzial und ist daher eine Schlüsseldisziplin in der Vierten industriellen Revolution.
Industrie 4.0 und rechtliche Aspekte
Die rechtlichen Rahmenbedingungen von Digitalisierung und Industrie 4.0 bieten ein interessantes Betätigungsfeld für Experten rund um „Intellectual Property“ (IP) – geistiges Eigentum –, sprich: Patente, Marken, Design. Aber auch Datenschutz, Datensicherheit und Vertragsgestaltung generell sind unternehmenskritische Faktoren. Wer sich in diesen Bereichen auskennt, hat künftig auch in Einkauf und Supply Management die Nase vorn, denn die Wirtschaft wird generell virtueller und der (globale) Handel mit immateriellen Gütern wie Software oder Dienstleistungen erfordert nicht nur andere Preismodelle und Verhandlungsstrategien, sondern auch entsprechende Vereinbarungen und Verträge zur Abfederung von Risiken.
Die Verlagerung von Unternehmensdaten in die Cloud, Miet-Modelle für Maschinen- und Personalzeiten oder Dienstleistungen im Rahmen der Sharing-Economy sind nur einige Beispiele, die auch Supply-Manager und Einkäufer vor ganz neue Herausforderungen stellen. „Wissen ist Macht“ gilt hier mehr denn je, und es ist für Unternehmen unerlässlich, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen.
Wo finden österreichische Unternehmen Unterstützung?
Dass sich Unternehmen jeder Größenordnung und in allen Branchen mit dem Thema Digitalisierung und Vierte industrielle Revolution beschäftigen müssen, steht außer Frage. Viele Unternehmen haben auch bereits konkrete Umsetzungsideen oder möchten Projekte auf die Beine stellen, für die sie finanzielle Unterstützung benötigen. Hier kommt möglicherweise eine Zusammenarbeit mit der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) in Frage. Die FFG ist die nationale Förderstelle für wirtschaftsnahe Forschung in Österreich. Sie unterstützt österreichische Unternehmen, Forschungsinstitutionen und Forschende mit einem umfassenden Angebot an Förderungen und Services und vertritt österreichische Interessen auf europäischer und internationaler Ebene.
Das Forum Einkauf im ÖPWZ widmet seinen Jahreskongress Einkauf und Supply Management am 23. und 24. Juni 2016 ebenfalls dem Thema Digitalisierung. „Smart New World“ – Wollen Sie die Welle reiten oder den Tsunami fürchten? – so das Motto der diesjährigen Veranstaltung in Neuhofen an der Ybbs in Niederösterreich. Hier geht’s zum Programm:
http://www.opwz.com/einkauf/kurse-seminare/jahreskongress-einkauf-und-supply-management.html