Fraunhofer SIT: Bunter Barcode wird ISO-Standard
JAB-Code, der bunte Barcode des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie (Fraunhofer SIT), ist auf dem Weg zum internationalen ISO-Standard. JAB-Code – Just Another Barcode – soll bis 2022 zu einem ISO-Standard geführt werden. Durch die weltweit einheitlichen Regeln für Datenformate und deren Nutzung in der Praxis erhalten sowohl Gerätehersteller als auch Anwender-Unternehmen Planungssicherheit für innovative Entwicklungen – eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Verbreitung des JAB-Code in der Industrie.
Der Vorteil des bunten JAB-Codes gegenüber den verbreiteten schwarz-weißen Barcodes ist, dass er viel mehr Daten auf gleicher Fläche speichern kann. Arbeitszeugnisse, Schulungszertifikate und Testamente, aber auch Echtheitsnachweise für Produkte lassen sich mit JAB-Code absichern. JAB-Code ist nicht lizenzierungspflichtig, open source und kann bereits jetzt in der Praxis eingesetzt werden. Wer den bunten Barcode testen möchte, kann dies unter www.jabcode.org tun.
Schwarz-weiße Barcodes finden sich überall im Alltag: auf Verpackungen, Versandetiketten von Paketen, auf Buchrückseiten und mehr. Diese Barcodes beinhalten allerdings nur eine geringe Menge an Daten. Deshalb müssen oft Verweise auf Webseiten hinterlegt werden, die mehr Informationen über das Produkt o.Ä.enthalten. Der JAB-Code des Fraunhofer SIT nutzt Farben als dritte Dimension und kann deshalb mehr Informationen auf der gleichen Fläche speichern. So muss der bunte Code nicht auf Datenbankverweise und Links als Hilfsmittel zurückgreifen, sondern speichert die Infos einfach in seinen bunten Kästchen.
JAB-Code nutzt die Farben Cyan, Yellow, Magenta, Black sowie Mischungen aus diesen Grundfarben. Mit bis zu acht Farben ist der Barcode so robust wie seine schwarz-weißen Pendants. Darüber hinaus kann der JAB-Code nicht nur Vierecke, sondern viele variable Formen annehmen, was die Gestaltungsmöglichkeiten nochmal erweitert.
So funktionieren die bunten Codes
Die Experten des Fraunhofer SIT haben den Code mit hoher Datendichte entwickelt, damit Dokumente auch offline als echt ausgewiesen werden können. Mit einem JAB-Code kann die Echtheit von Dokumenten prüfbar gemacht werden, um die Fälschungssicherheit zu erhöhen. Dazu wird der Inhalt eines Dokuments digital signiert und verschlüsselt, sodass er nicht mehr unbemerkt nachträglich verändert werden kann. Der signierte Inhalt und die Signatur werden in einem JAB-Code abgebildet. Dann wird der JAB-Code mit einem handelsüblichen Farbdrucker auf das zugehörige Dokument gedruckt. Jeder Berechtigte kann jetzt mit seinem Smartphone den JAB-Code scannen und damit die Echtheit des Dokuments prüfen: Zunächst liest und verifiziert das Smartphone die digitale Signatur. War das erfolgreich, wird der Dokumenteninhalt auf dem Smartphone des Prüfers oder der Prüferin angezeigt, sodass er das Papier mit dem angezeigten Inhalt vergleichen kann. Sollte er oder sie Unterschiede feststellen, ist das vorliegende Papier gefälscht.
Anwendungsbeispiele für JAB-Code
Nützlich ist das immer dann, wenn z.B. zwischen Behörden und Endnutzer oder Unternehmen Dokumente ausgetauscht werden, aber keine gemeinsame Datenbank, z.B. aus Datenschutzgründen, zur Überprüfung existiert. Im Lockdown während der Coronakrise beispielsweise haben Unternehmen in Grenzregionen ihren Mitarbeitenden einen Passierschein ausgestellt, der bezeugen sollte, dass diese Person bei dem Unternehmen arbeitet und hierfür regelmäßig die Grenze passieren muss. Dieser Passierschein ist lediglich ein Papier mit einem Firmenstempel, und Beamte an der Grenze können die Echtheit des Dokuments nicht ohne Weiteres prüfen. Mit Hilfe von digitalen Signaturen und einem JAB-Code könnte eine Prüfung vereinfacht und zusätzlich fälschungssicher und datenschutzkonform gestaltet werden.
Ein weiteres Beispiel sind ärztliche Rezepte. Sie können gefälscht werden, um an teure Medikamente zu kommen, auch Doppeleinreichungen sind ein Problem. Mit einem JAB-Code kann dies verhindert werden, denn der bunte Code speichert direkt auf dem Rezept alle wichtigen Informationen. Der Arzt oder die Ärztin extrahiert bei der Ausstellung des Rezepts bestimmte einmalige Eigenschaften des Rezeptpapiers, wie Struktur oder Fasern, die wie eine Art Fingerabdruck des Papiers sind. Dies geschieht mit einer handelsüblichen Kamera, beispielsweise eines Smartphones und geht innerhalb von Sekunden. Mit diesem Papierfingerabdruck und dem Inhalt des Rezepts, also welche Medikamente verschrieben werden, signiert der Arzt oder die Ärztin das Rezept digital. Aus den signierten Daten wird gemeinsam mit der digitalen Signatur des Arztes ein JAB-Code erstellt und auf das Rezept gedruckt. In der Apotheke prüfen Apothekerin oder Apotheker zunächst die digitale Signatur mittels Scan über ein Smartphone. Ist die Signatur verifiziert und passen die Papiereigenschaften im JAB-Code und vom vorliegenden Rezept zusammen, wissen die Apotheken-Angestellten, dass es sich um ein Originalrezept handelt.
JAB-Code entstand im Auftrag des deutschen Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Der bunte Code ist auf dem Weg zur ISO 23634 (mehr Infos unter https://www.iso.org/standard/76478.html) und voraussichtlich schon Anfang nächsten Jahres als Standard erhältlich. Der Quellcode befindet sich open source auf GitHub unter der Lizenz LGPL v2.1 (freie Nutzung für alle erdenklichen Zwecke unter Nennung des Fraunhofer SIT als Entwickler): https://github.com/jabcode/jabcode
(Quelle: ots / Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie; Bild: obs / Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie)