Europäische Lkw-Hersteller profitieren von steigendem Kostenbewusstsein in China
Der Markt für schwere Lkw in China verspricht in den kommenden Jahren ein gesundes Wachstum. Mehr als 20 Prozent der dortigen Flottenmanager wollen in Zukunft hochwertigere Fahrzeuge kaufen als bisher – und das quer über alle Marktsegmente hinweg. Beflügelten in der Vergangenheit vor allem Baustellenfahrzeuge den Markt, sind es in Zukunft vor allem Logistikunternehmen im Langstreckenverkehr. Dies zeigt die Studie „China’s Truck Market: New Chances for Europeans“ der internationalen Managementberatung Bain & Company, für die 360 Lkw-Käufer in China befragt wurden.
„Vor nicht allzu langer Zeit waren die meisten in der Branche davon überzeugt, dass importierte Premium-Lkw auf dem chinesischen Markt kaum eine Chance haben würden“, erklärt Dr. Jörg Gnamm, Bain-Partner und Co-Autor der Studie. „Doch die Fuhrparkmanager in China achten inzwischen viel stärker auf die Gesamtkosten. Gleichzeitig sind sie europäischen Marken gegenüber ausgesprochen loyal. Dadurch eröffnen sich für europäische Lkw-Hersteller ernstzunehmende Wachstumschancen in China.“
Betriebskosten wichtiger als Kaufpreis
Die Entscheidungskriterien der Lkw-Käufer haben sich deutlich verschoben. Zwar sind für 34 Prozent der Befragten noch immer Leistung und Qualität eines Lkw ausschlaggebend für den Kauf. Doch verglichen mit der letzten Bain-Studie aus dem Jahr 2013 ist das ein Minus von 19 Prozentpunkten. Deutlich wichtiger sind inzwischen die Gesamtbetriebskosten. Für 33 Prozent sind diese ein wesentliches Kaufkriterium, was im Vergleich zu 2013 einem Plus von 12 Prozentpunkten entspricht. Das sind gute Nachrichten für die europäischen Hersteller, deren Lkw bis zu dreimal so teuer sind wie vergleichbare Modelle chinesischer Anbieter.
Loyalität wesentlicher Faktor
Insbesondere mittlere und große Flotten in China sind auf Expansionskurs. Die meisten Befragten wollen ihre Flotte innerhalb der einheimischen Marken upgraden oder zur oberen Mittelklasse wechseln. Dort eröffnen sich dann attraktive Chancen für europäische Hersteller. Denn die Nutzer europäischer Lkw sind sehr zufrieden – und loyal. Sie würden ihre Marke überdurchschnittlich oft weiterempfehlen. Umgekehrt gibt es unter den Kunden der chinesischen sowie der Joint-Venture-Marken sehr viele Kritiker.
„Die mittleren und großen Fuhrparks in China professionalisieren sich immer mehr“, stellt Dr. Eric Zayer fest, Bain-Partner und Co-Autor der Studie. „Machen die europäischen Hersteller dort ihre Hausaufgaben, haben sie exzellente Wachstumschancen – gerade weil sich auf dem weltweiten Lkw-Markt ansonsten kaum noch Marktanteile gewinnen lassen.“
In die richtigen Maßnahmen investieren
Wollen die europäischen Lkw-Bauer langfristig wettbewerbsfähig bleiben, müssen sie ihre Herstellungskosten senken. Die Laufzeit eines Premium-Lkw ist zwar im Durchschnitt fast doppelt so lang wie die der Konkurrenzprodukte in den unteren und mittleren Preissegmenten. Auch verbraucht ein Premium-Lkw bis zu zehn Liter weniger Kraftstoff. Doch zur gehobenen Mittelklasse – entstanden durch Joint Ventures chinesischer Lkw-Hersteller mit europäischen und japanischen – ist der Abstand deutlich geringer: Hier können die Europäer nur noch rund 25 Prozent mehr Fahrleistung bieten. Und beim Kraftstoffverbrauch haben sie nur einen geringen Vorsprung.
Kosten senken müssen die europäischen Lkw-Hersteller insbesondere in solchen Bereichen, die nicht relevant sind für die Gesamtbetriebskosten des Fahrzeugs. Eine Möglichkeit sind Sourcing und Montage in asiatischen Low-Cost-Ländern oder in China selbst. Zudem sollten die Hersteller ihr Servicenetz in China dichter knüpfen, insbesondere entlang der wichtigen Frachtrouten. Und schließlich müssen sie ihre Verkaufsargumentation weiterentwickeln: weg von der Betonung der überlegenen Leistung und Qualität der Fahrzeuge, hin zu Gesamtkostenaspekten sowie darauf aufbauenden Finanzierungsangeboten. „Wer in die richtigen Maßnahmen investiert, kann in den nächsten Jahren mit einem überdurchschnittlichen Wachstum auf dem chinesischen Markt rechnen“, betont Branchenkenner Gnamm.
(Quelle: ots / Bain & Company)