Ende des Industrieaufschwungs dämpft Wachstumsaussichten für Österreich
Im März hat sich die Industriekonjunktur in Österreich erneut eingetrübt. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ist im März auf 50,0 Punkte gesunken. Erstmals seit 48 Monaten übersteigt der Indikator nicht mehr die Wachstumsschwelle von 50 Punkten und signalisiert damit ein Ende der bislang längsten Aufschwungsphase der österreichischen Industrie seit der erstmaligen Berechnung vor mehr als 20 Jahren“, so UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
- Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sinkt im März auf 50,0 Punkte und signalisiert das Ende des dreijährigen Konjunkturaufschwungs in der heimischen Industrie
- Der Abbau der Auftragsbestände ermöglichte im März noch eine moderate Produktionsausweitung trotz des starken Rückgangs der Neuaufträge
- Schwächster Beschäftigungsaufbau seit drei Jahren
- Sinkende Nachfrage für Rohstoffe dämpft Preisauftrieb im Einkauf, doch begrenzte Preisdurchsetzungsmacht der Betriebe erlaubt keine Verbesserung der Ertragslage
- BIP-Prognose für 2019 auf 1,4 Prozent verringert, Wirtschaftswachstum auch 2020 mit 1,3 Prozent unter Potenzial erwartet
Seit dem Konjunkturhöhepunkt zum Jahreswechsel 2017/18, der sich in einem Allzeithoch des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex von 64,3 Punkten niederschlug, geht der Indikatorwert mittlerweile kontinuierlich zurück und weist für den März nur noch auf eine Stagnation der heimischen Industrie hin.
Hinter der Abschwächung der Industriekonjunktur in Österreich in den vergangenen 15 Monaten steht ein immer stärker forderndes internationales Umfeld. „Insbesondere in Europa manifestiert sich derzeit eine Schwäche der verarbeitenden Industrie geschürt durch Handelskonflikte, der Unsicherheit rund um den Brexit und die anhaltenden Probleme in der Fahrzeugindustrie. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie der Eurozone ist im März deutlich auf 47,7 Punkte gesunken, gedrückt vor allem vom Rückgang des deutschen Indikators auf nur noch 44,7 Punkte. Doch auch die ungünstigen Vorgaben aus anderen großen EU-Ländern wie Frankreich und Italien belasten die exportorientierte österreichische Industrie“, so Bruckbauer.
Trotz des immer ungünstigeren Exportumfelds ist die heimische Industrie im internationalen Vergleich weiterhin verhältnismäßig gut unterwegs. Die negativen Einflüsse aus dem Ausland können jedoch nicht mehr kompensiert werden. „Die Auftragsentwicklung ist im März erstmals deutlich eingebrochen. Dennoch haben die österreichischen Betriebe die Produktion noch ausgeweitet und sogar neue Jobs geschaffen, allerdings ausschließlich getragen durch den starken Abbau von Auftragsrückständen. Während der Preisauftrieb spürbar nachgelassen hat, stellen sich die Betriebe mit erhöhter Vorsicht im Einkauf und im Lagermanagement auf steigende konjunkturelle Herausforderungen ein“, erläutert Bruckbauer die wichtigsten Ergebnisse der monatlichen Umfrage.
Neugeschäft deutlich eingebrochen
Seit mittlerweile sechs Monaten sinken die Exportaufträge der österreichischen Industriebetriebe, seit dem Jahresbeginn 2019 sogar sehr stark. „Während trotz der Abschwächung der Exportaufträge bisher aus dem Inland genug Aufträge eingebucht werden konnten, um das Neugeschäft insgesamt zumindest stabil zu halten, war im März erstmals die heimische Nachfrage nicht mehr ausreichend, um eine starken Einbruch der gesamten Neuaufträge zu verhindern. Der Index der Neuaufträge sank auf 46,1 Punkte, was auf den stärksten Rückgang seit vier Jahren hinweist“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Trotz der nachlassenden Nachfrage haben die österreichischen Betriebe zwar die Produktionsleistung erhöht. Die Ausweitung des Outputs fiel allerdings so gering aus, wie zuletzt im April 2015, da sie ausschließlich durch die bestehenden Auftragsrückstände ermöglicht wurde, die sich in der Hochkonjunkturphase aufsummiert haben. Erstmals seit rund vier Jahren haben die Auftragsbestände im März deutlich abgenommen. In Kombination mit dem nachlassenden Neugeschäft führte dies erstmals seit sechs Jahren zu einer Verkürzung der Lieferzeiten.
Beschäftigungsaufbau lässt nach
Aufgrund der erneuten Ausweitung der Produktion haben die heimischen Betriebe im März abermals neue Jobs geschaffen. Der Beschäftigungsaufbau hat sich im Verlauf des vergangenen Jahres und deutlicher zu Beginn 2019 verlangsamt. Im März ist der Beschäftigtenindex auf 53,3 Punkte gesunken. „In der österreichischen Sachgüterindustrie wird das starke Beschäftigungswachstum von durchschnittlich 3 Prozent von 2018 im laufenden Jahr nicht mehr erreicht werden. Mit einem Plus von fast 2 Prozent wird sich jedoch der Rückgang der Arbeitslosenquote in Richtung 3,5 Prozent im Jahresdurchschnitt 2019 fortsetzen. 2018 betrug die Arbeitslosenquote im Sektor noch 3,8 Prozent“, so Pudschedl. Damit wird in der Sachgütererzeugung die Arbeitslosenquote mit voraussichtlich 7,3 Prozent weiterhin deutlich niedriger als in der Gesamtwirtschaft ausfallen.
Industrieabschwächung setzt sich vorerst fort
Eine Reihe weiterer Details der monatlichen Umfrage unter heimischen Produktionsbetrieben unterstreicht die vorerst andauernde Abschwächung der Industriekonjunktur in Österreich. Insbesondere die Verunsicherung der heimischen Betriebe im nachlassenden Nachfrageumfeld wird deutlich. Im Einkauf wird zunehmend auf Sicht gefahren, was im März erstmals seit Anfang 2016 zu einer Rücknahme der Einkaufsmenge gegenüber dem Vormonat führte. Trotzdem haben sich die Bestände in den Vormateriallagern erhöht. Als bewusste Strategie zur Kosteneindämmung wurden in den Betrieben die Bestände der Verkaufslager reduziert.
Angesichts der schlechteren Nachfragesituation hat sich der Preisauftrieb verlangsamt. Die Preise für Vormaterialien und Rohstoffe haben nur noch mit der schwächsten Rate seit zweieinhalb Jahren zugenommen, gedämpft vor allem durch niedrigere Preise für Stahl und Holzprodukte. Der Anstieg der Verkaufspreise schwächte sich ebenfalls ab. Da die Preisdurchsetzungsmacht der Betriebe aufgrund des starken Wettbewerbs in dem nachlassenden Nachfrageumfeld stark begrenzt ist, ermöglichte die Kostenentlastung kaum eine Verbesserung der Ertragslage.
Mit dem Rückgang auf die Wachstumsschwelle von 50 Punkten im März ist die längste Aufschwungsphase in der Geschichte des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex zu Ende gegangen. „Für die kommenden Monate muss von einer weiteren Verschlechterung des Indikators unter die Wachstumsschwelle ausgegangen werden. Das unterstreicht das erneut verschlechterte Auftrags-Lager-Indexverhältnis, das mittlerweile seit vier Monaten anzeigt, dass die Bestände in den Verkaufslagern ausreichen, um die aktuellen Auftragseingänge auch mit einer geringeren Produktionsleistung zu bewältigen“, meint Pudschedl. Hingegen werden die Geschäftsaussichten auf Jahressicht von den heimischen Betrieben wieder etwas optimistischer eingeschätzt. Der entsprechende Index ist im März auf 53,3 Punkte gestiegen.
BIP-Prognose 2019 auf 1,4 Prozent gesenkt
Seit der zweiten Jahreshälfte 2018 läuft der Konjunkturmotor in Österreich mit geringerer Drehzahl. Die schwächere globale Nachfrage hat die Exportdynamik und folglich das Wachstum in der heimischen Industrie gedämpft. Der Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex auf nur noch 50 Punkte im März, getragen von der anhaltenden Verschlechterung des Exportumfelds, lässt vorerst keine Trendumkehr erwarten. Die Inlandsnachfrage hat die österreichische Wirtschaft im ersten Quartal 2019 zwar auf Wachstumskurs gehalten, erstmals seit zweieinhalb Jahren dürfte der BIP-Anstieg in einem Quartal jedoch unter die Marke von 2 Prozent im Jahresvergleich gesunken sein.
Auch wenn zumindest einige der bestehenden Unsicherheiten auf europäischer Ebene, wie zum Beispiel der Brexit, sich Mitte 2019 mildern sollten und das Wirtschaftswachstum in der zweiten Jahreshälfte wieder etwas stärker als in der ersten Jahreshälfte ausfallen dürfte, ist 2019 mit einem deutlich niedrigeren Anstieg als im Vorjahr zu rechnen. „Angesichts der zu Jahresbeginn langsamer laufenden Konjunktur erwarten wir für das Gesamtjahr 2019 nunmehr einen deutlicheren Rückgang des Wirtschaftswachstums auf 1,4 Prozent nach 2,7 Prozent im Vorjahr. Mit der voraussichtlichen Abkühlung der US-Konjunktur 2020 kommt ein weiterer Störfaktor hinzu, sodass der Anstieg des BIP in Österreich nur 1,3 Prozent betragen dürfte“, meint Bruckbauer abschließend.
Über den UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex
Im UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex (EMI) finden Sie die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage durch ausgewählte Einkaufsmanager.
(Quelle: UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria; Bild von Colin Behrens auf Pixabay)