Darf ich egoistisch sein?
Manchmal scheint es, als verlange die ganze Welt von uns, dass wir uns zurücknehmen und uns an die Wünsche der anderen anpassen. Für die Kinder soll man jederzeit als Chauffeur zur Verfügung stehen, im Verein wird erwartet, dass man alle möglichen freiwilligen Aktivitäten übernimmt, und kürzlich rief ein Bekannter an, der ganz dringend Hilfe dabei brauchte, seine neue, aber doch nicht so passende 50-Kilo-Matratze zurück zu Ikea zu bringen. Sagt man da nein? Natürlich nicht.
Doch wenn dann der Nächste mit Ansprüchen, Wünschen und verklausulierten Forderungen kommt, schleicht sich vielleicht ein unanständiger Gedanke ein: Darf ich eigentlich auch mal egoistisch sein und nein sagen? Tun, was ICH will? Selbst über meine Zeit bestimmen?
Geht nicht, flüstert eine Stimme im Kopf. Schließlich ist man Teil der Familie, des Freundeskreises, der Gesellschaft. Egoismus ist schädlich … geradezu egoistisch! Und was sollen die anderen denken?
Aber dann ist da die andere Stimme. Die, die zu bedenken gibt, dass man ja nicht egoistisch handeln will, um anderen zu schaden, sondern um sich selbst zu schützen. Schutz vor Stress und Überforderung, vor dem Ausbrennen. Manchmal ist Egoismus einfach notwendig, um die Akkus wieder aufzuladen. Self-care sozusagen: Pflege für das eigene Ich.
Natürlich ist Egoismus problematisch, wenn er zum Dauerzustand wird. Aber wenn er zeitweilig dazu dient, uns selbst zu schützen, damit wir danach wieder gestärkt unsere soziale Verantwortung übernehmen können, dann lautet die Antwort: Ja, machmal darf ich „egoistisch“ sein und an mein eigenes Wohl denken!
(Bild von Simon Lehmann auf Pixabay)