Hören Sie doch, was Sie wollen
Wir sind umgeben von einer ständigen Geräuschkulisse, die uns ablenkt und uns Energie raubt. Aber es gibt einige Wege, dagegen etwas zu tun.
Wann waren Sie das letzte Mal in der Natur, fernab der Zivilisation, allein mit sich? Dort fällt zunächst die Stille auf. Kein Verkehrslärm, keine Sirenen, keine Gesprächsfragmente vorbeieilender Passanten. Stille. Erholung.
Doch mit der Zeit verändert sich die Wahrnehmung: Die Stille ist gar nicht so still. Vögel zwitschern, Blätter rascheln im Wind, dort plätschert ein Rinnsal vor sich hin, jeder Ihrer Schritte erzeugt Geräusche. Trotzdem ist so ein Spaziergang im Wald Erholung pur! Sie entspannen sich, denn die Geräuschkulisse erfordert keine ständige Aufmerksamkeit.
Zurück in der Zivilisation fällt dann um so mehr auf, wie sehr die permanente Geräuschkulisse belastet. Ständig versucht unser Unterbewusstsein, mögliche Bedrohungen zu orten und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen: Abgesehen vom Lärm, der uns umgibt, könnten herannahende Autos und Fahrräder zur Gefahr werden, Gesprächsfragmente könnten uns betreffen, das Smartphone signalisiert durch Töne, dass es unsere Aufmerksamkeit will. Das alles bedeutet Arbeit für unser Gehirn. Und damit Ablenkung und Störung.
Am Arbeitsplatz und selbst in den eigenen vier Wänden haben wir selten wirklich Ruhe.
Wie aber lassen sich störende und unnötige Geräusche ausblenden? Hier gibt es im Wesentlichen drei Methoden: Übertönen, Filtern und Vermeiden.
Übertönen
Immer mehr Menschen bewegen sich im öffentlichen Raum mit „Stöpseln“ im Ohr bis hin zu großen Kopfhörern. Per Bluetooth oder kabelgebunden beschallen sich die TrägerInnen selbst und überblenden damit die Störgeräusche von außen. Das funktioniert zumindest zu Hause oder am Arbeitsplatz recht gut, solange niemand etwas von Ihnen will. Problematisch wird es, wenn Sie im Straßenverkehr abgelenkt sind und Warnsignale nicht mehr wahrnimmt.
Aber wir nutzen nicht nur Ohr- und Kopfhörer, um störende Umgebungsgeräusche auszublenden. Wer als Erstes den Fernseher einschaltet, wenn er nach Hause kommt, macht das oft auch, um „seine Ruhe“ zu haben – auch wenn es paradox klingt. Oft schaut man dann gar nicht hin, sondern lässt sich einfach nur berieseln. Und schon seit Längerem boomen Smartphone-Apps, die Geräuschkulissen von Meeresbrandung über Wasserfall bis Landregen in Endlosschleife abspielen. Sie sind vor allem beliebt, um besser einschlafen oder sich bei schwierigen Aufgaben besser konzentrieren zu können.
Wann und wie übertönen Sie störende Geräusche in Ihrem Alltag?
Filtern
Bei „Noise cancelling“ und Antischall geht es darum, störende Geräusche mit technischen Verfahren auszufiltern: Töne bestehen aus (Schall-)Wellen. Und wenn man eine genau gegengerichtete Welle zusätzlich erzeugt, heben sich Wellenberge und Wellentäler auf. Das Ergebnis ist – Ruhe. Und oft kann man dazu dann wieder jedes beliebige Wunschgeräusch addieren, ob Highend-Musikgenuss, Meeresrauschen oder Formel-1-Motorensound.
Automobil- und Flugzeughersteller nutzen diese Technik, um ihre Produkte leiser und angenehmer zu machen, Kopfhörer- und Ohrhörerhersteller bieten Modelle mit ANC (active noise cancelling) und in Smartphones dient die Technik dazu, die Sprachqualität bei Telefonaten zu verbessern.
Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs: Viel häufiger kommen passive Verfahren zum Einsatz, um Geräusche zu dämmen. Ohne Lärmschutzwände würden manche Hausbesitzer an Straßen und Bahntrassen schier wahnsinnig. Moderne Wohnungen werden aufwendig schallisoliert. Und wenn alles nicht hilft, dann gibt es immer noch Ohrstöpsel aus Silikon, Wachs oder Schaumstoff.
Wer am Arbeitsplatz von Lüftergeräuschen des PCs genervt ist, kann es mit Dämmung, leiseren (aber auch teureren) Lüftern oder gar lüfterlosen Computermodellen versuchen. Doch die Ruhe hat ihren Preis. Und oft zeigt sich, dass, wenn eine Geräuschquelle verstummt, eine andere plötzlich stärker auffällt, die zwar vorher auch schon da war, aber einfach „unterging“.
Vermeiden
Noch wünschenswerter wäre es natürlich, Störgeräusche so weit wie möglich zu vermeiden. Verbrennungsmotoren beispielsweise sind prinzipbedingt laut, Elektromotoren im Vergleich deutlich leiser. Doch viele Geräusche lassen sich nur schwer vermeiden. Autos, die fast lautlos fahren, sind eine größere Gefahrenquelle als solche, die man schon von weitem hört – und tatsächlich werden hier die Geräusche sogar künstlich erzeugt, damit Fußgänger von hinten herannahenden Fahrzeuge wahrnehmen können.
Auch fällt in einer leisen Welt jedes unbekannte Geräusch umso stärker auf und signalisiert zunächst Gefahr. Das lässt sich wiederum gut in der Natur beobachten, wenn man zusammenschreckt, weil plötzlich irgendwo ein Zweig bricht oder etwas die Zweige im Gebüsch bewegt.
Trotzdem können Sie viel tun, um Ihre Welt leiser zu machen, wenn Sie sich vom ständigen Lärm oder von Geräuschkulissen gestresst fühlen. Schalten Sie elektrische Geräte aus, die nicht unbedingt benötigt werden. Isolieren Sie Ihre Fenster. Schalten Sie Ihr Smartphone in den Flugmodus, um nicht durch Benachrichtigungen aufzuschrecken. Gehen Sie regelmäßig die Natur, um der geräuschvollen Hektik des Alltags zu entfliehen.
Ziel ist dabei nicht die absolute Stille, sondern die Reduzierung von Störsignalen. Hören Sie nur, was Sie wollen!