Herausforderungen für die Transportwirtschaft im Bereich Gefahrengut
Im Rahmen der Österreichischen Gefahrgut-Konferenz, die vom 10. bis 11. Oktober 2018 in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) stattfand, haben Vertreter des Verkehrsministeriums, der Logistikwirtschaft und von internationalen Gefahrgut-Organisationen über die zukünftigen Herausforderungen in der Transportwirtschaft gesprochen.
Sektionsleiter Gerhard Gürtlich vom BMVIT sprach über das erst kürzlich von Bundesminister Norbert Hofer gestartete Projekt „Zukunftsoffensive Verkehr & Infrastruktur“, das sich zum Ziel gesetzt hat, den Logistikstandort Österreich weiter zu verbessern und ihn an die Spitze Europas zu bringen. In diesem Zusammenhang sah er auch Chancen für den Hub Österreich in Verbindung mit dem Ausbau der Breitspur auf der Schiene als Anbindung des chinesischen und russischen Marktes an Österreich und Europa in einem Durchlauf, also ohne dass die Züge von Normalspur auf Breitspur wechseln müssen. Dieser Wechsel ist mit nicht unerheblichen Kosten für die Wirtschaft verbunden, wobei die dafür aufgewendeten Gelder derzeit im Ausland verbleiben.
Jochen Conrad, Leiter der Abteilung Gefahrgut von der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF), hob die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Gefahrgutvorschriften für die Schiene hervor. Internationale Unternehmen suchen seit längerem eine Alternative zum Seeweg von China nach Europa.
Gerade für den Gefahrguttransport auf der Schiene von China über Russland nach Europa ist die Anwendung eines einheitlichen Gefahrgut-Rechts von großer Bedeutung. In wenigen Wochen wird es dazu ein erstes Treffen in China geben, um abzuklären, inwieweit das chinesische und russische Gefahrgutrecht mit dem derzeit geltenden RID (49 Mitgliedsstaaten inkl. alle EU-Länder) vereinheitlicht werden kann.
Innovationen werden länderübergreifend erprobt
Clemens Först, Vorstandssprecher der Rail Cargo Group, bestätigte, dass derzeit noch viel Handarbeit beim Abfertigen eines Zuges zu leisten ist. Das An- und Abkuppeln von Loks und Waggons, das Erstellen von Wagenlisten und Bremszetteln, sowie die wagentechnische Untersuchung sind zeit-, kosten- und personalintensiv. Auf der anderen Seite werden europaweit bereits zahlreiche Innovationen wie die automatische Kupplung und die elektropneumatische Bremse, die eine erhöhte Fahrgeschwindigkeit, eine bessere Rückspeisefähigkeit und längere Züge ermöglicht, in der Praxis erprobt.
Im Rahmen dieser Innovationen beteiligt sich Rail Cargo Austria in Zusammenarbeit mit SBB Cargo und Mercitalia Rail derzeit am Projekt „Intelligenter Güterzug“ mit dem Ziel, bestimmte Produktionsprozesse zu standardisieren und zu automatisieren. Dabei soll vor allem die automatische Bremsprobe länderübergreifend getestet und damit ihre europaweite Anerkennung beschleunigt werden.
Der Geschäftsführer der ASFINAG Service GmbH, Josef Fiala, sieht sein Unternehmen besonders durch die neue behördliche Aufgabe der Durchführung der Technischen Unterwegskontrolle gefordert. Hierfür wurden sowohl die technischen wie personellen Voraussetzungen geschaffen, wobei insbesondere auf die entsprechende Schulung der Mitarbeiter zu achten war.
In puncto Infrastrukturausbau liegt das Hauptaugenmerk der Zukunft nicht nur bei der Schaffung von genügend Lkw-Parkplätzen, sondern auch darauf, dass diese entsprechend ausgestattet sind, wobei die Überwachung von Gefahrguttransporten eine besondere Herausforderung darstellt.
Lenk- und Ruhezeit-Regelung oft praxisfremd
Erik Wolf, Geschäftsführer der Bundessparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Österreich, betonte die Bedeutung der europäischen Einflussnahme auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der Transportwirtschaft für die Zukunft. Den derzeitigen Vorschlag der EU-Kommission zur Revision der Verordnung über die Lenk- und Ruhezeiten hält er zum Teil für völlig praxisfremd. Kein Staat könne gewährleisten, so Wolf, dass genügend „Dedicated Parking Areas“ zur Verfügung stehen, damit der Lkw-Lenker seine wöchentliche Ruhezeit im Fahrzeug verbringen darf.
Bei der ebenfalls laufenden Revision der Berufszugangs-Verordnung sollen unbedingt Rehabilitierungsmaßnahmen aufgenommen werden, damit der Verkehrsleiter innerhalb einer angemessenen Frist seine Zuverlässigkeit wiedererlangen kann. Weiters sprach er sich dezidiert gegen eine unbegrenzte Anzahl an Kabotage-Beförderungen aus, solange es keine einheitlichen sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen innerhalb der EU gibt.
(Quelle: ots / Wirtschaftskammer Österreich, Bundessparte Transport und Verkehr)