Wichtiger denn je: Risikomanagement im Einkauf
Man hätte es wissen können: Dass die neue US-Regierung Zollschranken als Mittel der Handelspolitik nutzen will, hat sie seit Amtsantritt immer wieder erklärt. Dennoch haben viele Verantwortliche offenbar nicht damit gerechnet, wie die Unruhe an den Börsen seit Verkündung der Strafzölle auf Stahl und Aluminium zeigt. Derartige unangenehme Überraschungen können durch eine systematische Erfassung und Bewertung von Risiken vermieden werden. Eine Studie der Unternehmensberatung INVERTO hat jedoch ergeben, dass es hier bei knapp der Hälfte aller Befragten Defizite gibt.
Veraltete digitale Technologien und die Furcht, Opfer von IT-Kriminalität zu werden, führen in der Umfrage die Liste der allgemeinen Risiken für Unternehmen an. Über 50 Prozent der Befragten machen sich Sorgen um diese Themen. Konkret auf den Einkauf bezogen nennen die TeilnehmerInnen Versorgungsrisiken (69 Prozent), die Abhängigkeit von Lieferanten (56 Prozent) sowie Risiken bei Qualität (40 Prozent) und Preis (35 Prozent) am häufigsten.
Risiken erfassen und systematisch bewerten
Protektionismus war zum Umfragezeitpunkt nur für 17 Prozent der TeilnehmerInnen ein Thema. Angesichts des wenig strategischen Risikomanagements in vielen Unternehmen ist das nicht verwunderlich: Zwar definieren gut drei Viertel der UmfrageteilnehmerInnen Maßnahmen, um Risiken im Einkauf zu begegnen – regelmäßige Lieferantenbewertungen, langfristige Rahmenverträge sowie Dual-Sourcing-Strategien werden als häufigste Gegenmaßnahmen genannt -, aber nur 52% der Befragten erfassen und bewerten Risiken systematisch. Wie wirksam sind Aktivitäten zur Risikominimierung im Falle des Eintritts, wenn die Risiken zuvor nicht präzise analysiert wurden?
Die aktuell diskutierten Strafzölle demonstrieren, wie wichtig eine umfassende Risikoerfassung und -bewertung ist, um Gefahren für das eigene Unternehmen im Vorfeld zu erkennen. Denn: Das Preisgefüge für Rohstoffe hat sich bereits spürbar verschoben und die Preise für viele Materialien werden steigen, wenn die Handelsbarrieren auf mehr Produkte ausgeweitet werden. Wer in dieser Situation noch keinen Maßnahmenkatalog hat, sollte spätestens jetzt mit der Planung beginnen.
Lieferkette überwachen und Alternativen prüfen
Um effektives Risikomanagement im Unternehmen zu implementieren, sollte zunächst eingeschätzt werden, wie stark der Eintritt eines Risikos die Geschäftstätigkeit beeinträchtigen würde. Ferner muss die Eintrittswahrscheinlichkeit festgestellt werden. Als Faustregel gilt: Je größer die Bedeutung eines Risikos für ein Unternehmen ist und je höher die Wahrscheinlichkeit, dass es eintritt, desto intensiver sollte die Lieferkette überwacht werden. Desto wichtiger ist es darüber hinaus, Alternativszenarien zu entwickeln.
In der aktuellen Situation sollten Unternehmen ihre Lieferketten überprüfen. Sind Lieferanten außerhalb der Europäischen Union beteiligt, sollten EinkäuferInnen gezielt Kontakte zu Anbietern innerhalb der EU aufbauen und sich die benötigten Kontingente sichern. Auch Finanzhedging kann ein Mittel sein, um Preisanstiege zumindest für eine gewisse Zeit im Rahmen zu halten. Läutet der jetzt begonnene Streit um Schutzzölle tatsächlich eine neue Ära des Protektionismus ein, sind Preissteigerungen und weltweite Verschiebungen von Warenströmen jedoch langfristig nicht zu vermeiden.
Die Studienergebnisse im Überblick
Über die Studie
INVERTO befragte im November 2017 über 50 GeschäftsführerInnen und EinkaufsleiterInnen aus verschiedenen Branchen zur Einschätzung von und zum Umgang mit Risiken. Die Fragen behandelten allgemeine Gefahren für die Geschäftstätigkeit sowie Risiken konkret für den Einkauf. Die befragten Unternehmen haben ihren Sitz in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Interessierte finden die Studienergebnisse sowie ein Whitepaper mit Empfehlungen zum Risikomanagement auf der Webseite https://www.inverto.com/risikomanagement-im-einkauf.
(Quelle: ots / INVERTO GmbH)