Wie innovationsfreudig arbeiten und führen Sie?
Ende Oktober 2017 lud Amazon AWS zum Transformation Day nach Köln. Neben vielen anderen interessanten Präsentationen hielt dort Paul Misener, Vice President von Amazon.com für Global Innovation Policy & Communications, eine anregende Keynote. Er rief dazu auf, den eigenen Führungs- und Arbeitsstil zu hinterfragen und mehr Innovation zu ermöglichen. Wir fassen die wichtigsten Punkte für Sie zusammen.
Um ein innovationsfreudiges Arbeitsklima zu schaffen, setzt Amazon auf verschiedene Konzepte und Führungsmethoden. Misener legte den ZuhörerInnen drei einfache Methoden zur Nachahmung ans Herz:
Die Zwei-Pizza-Regel
Es kommt auf die richtige Teamgröße und -zusammensetzung an, wenn man Innovationen fördern möchte. Zu große Teams sind ebenso problematisch wie zu kleine Teams. Zugleich sollte aber die Größe nicht durch starre Regeln oder Budgetfragen zementiert werden, sondern Spielraum lassen (auch nach oben, wenn im Laufe des Projekts festgestellt wird, dass zusätzliche Expertise oder Unterstützung benötigt wird).
Für Amazon haben sich Teamgrößen bewährt, die von maximal zwei XXL-Pizzen satt werden. In der Praxis heißt das, dass Teams von vier bis vierzehn Personen praktikabel sind. Alles, was darüber hinausgeht, blockiert sich gegenseitig oder arbeitet zu ineffektiv, der Kommunikationsaufwand steigt zu sehr an. Sind die Teams hingegen zu klein, dann fehlt der notwendige Input (bzw. hilfreiche Expertise steht nicht zur Verfügung) und die Teammitglieder sind überfordert, alle Bereiche des Projekts abzudecken.
Arbeiten Sie rückwärts
Sie haben eine innovative Idee oder wollen ein neues Projekt starten? Statt sich gleich an die Zeit-, Budget- und sonstige Ressourcenplanung zu machen, sollten Sie erst Ihr Ziel genau kennenlernen. Amazon hält seine MitarbeiterInnen dazu an, zunächst die Pressemitteilung zu verfassen, die zum Start des neuen Angebots versandt wird, sowie eine FAQ all der Themen, die NutzerInnen des neuen Angebots haben könnten.
Diese beiden Dokumente sind zunächst nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, sondern nur für die eigene Schublade. Aber sie helfen enorm, neue Vorhaben aus der Sicht der AnwenderInnen oder der KundInnen zu betrachten und die entscheidenden Funktionen sowie den Nutzen für EndanwenderInnen herauszuarbeiten.
Sie fangen also am Ende an, stellen sich vor, wo Sie mit dem Projekt hin wollen und wer davon in welcher Form profitieren soll, erst dann beginnen Sie mit der eigentlichen Realisierung. Dabei helfen Pressemitteilung und FAQ, das eigentliche Ziel im Auge zu behalten und Umwege und unnötige Schnörkel zu vermeiden. Natürlich können Sie die Dokumente jederzeit überarbeiten, aber das Ziel ist es, sie dann irgendwann wirklich als Basis für eine Veröffentlichung zum Launch des neuen Angebots heranzuziehen.
Sechs-Seiten-Aufsatz statt PowerPoint für wichtige Meetings
Die üblichen Meetings laufen nach dem immer gleichen Schema ab: Man kennt als TeilnehmerIn den Termin und das ungefähre Thema, überfliegt vielleicht vorher noch kurz die Unterlagen, die vorab verschickt wurden, und lauscht dann in der Besprechung erst mal irgendeiner PowerPoint-Präsentation, von der man höchstens ein paar Aufzählungspunkte behält. An der Stelle fragt man sich, warum man eigentlich schon wieder seine Zeit in so einem Meeting vergeuden muss, und hat anschließend auch wenig Motivation und Wissen, um sich aktiv einzubringen.
Jeff Bezos hat sich so über diese unproduktiven Meetings geärgert, dass er für wichtige Projekte und entscheidende Meetings eingeführt hat, dass der/die Vortragende keine Präsentation, sondern einen sechsseitigen Aufsatz zu seinem Thema verfassen muss: sechs Seiten Fließtest, keine Aufzählungspunkte, gut strukturiert und verständlich. Dieser Sechsseiter wird nicht etwa vorab verteilt, sondern das Meeting beginnt damit, dass alle TeilnehmerInnen das Papier in Ruhe durcharbeiten. So ist jeder auf dem gleichen Stand. Anschließend wird über den Inhalt und das weitere Vorgehen diskutiert.
Paul Misener gab unumwunden zu, dass die Erstellung eines solchen Sechsseiters wesentlich mehr Zeit benötigt, als eine PowerPoint-Präsentation mit ein paar Aufzählungspunkten zusammenzuklicken. Aber es ist auch nicht mehr Arbeit, als eine *gute* Präsentation zu erstellen.
Bei Amazon werden solche Sechsseiter samt Meeting beispielsweise immer genutzt, um darüber zu entscheiden, welche innovativen Vorhaben umgesetzt werden sollen und welche durch das Raster fallen.
Darüber hinaus gab Misener den ZuhörerInnen noch drei wichtige Anregungen mit auf den Weg:
- Das oberste Ziel ist immer der Kundennutzen. Wer sich bei innovativen Vorhaben vor allem am Wettbewerber orientiert, hat schon verloren, da er so zu wenig zukunftsgerichtet agiert!
- Versuchen Sie, so oft wie möglich mit Ihren Einschätzungen und Aktivitäten „richtig“ zu liegen. Aber scheuen Sie vor Fehlschlägen nicht zurück, sondern lernen Sie aus ihnen: Man kann nie nachweisen, dass man mit seiner Meinung richtig liegt, aber man kann zur rechten Zeit eingestehen, dass man falsch liegt.
- Es zählen nur Resultate: Ständig neue Projekte zu planen hilft gar nichts, wenn man nicht irgendwann etwas umsetzt und den Moment erlebt, an dem man seine Pressemitteilung aus der Schublade ziehen kann in der Gewissheit: „Es ist geschafft!“
Wie innovationsfreudig ist Ihr Arbeitsumfeld, Ihr Führungsstil? Übernehmen Sie doch einige oder alle diese Anregungen für Ihre Arbeit und legen Sie damit den Grundstein für erfolgreiche Projekte in der Zukunft!