Effizientes Lieferantenmanagement mit Performance Pricing
Ein effizientes Lieferanten-Management deckt nicht nur Potenziale für Kostensenkung auf, sondern stärkt auch die Verhandlungsposition des Einkäufers.
Doch die kontinuierliche Bewertung der einzelnen Lieferanten hinsichtlich Preis und Leistung stellt den Einkauf häufig vor eine große Herausforderung: Die Vielzahl und Komplexität der Sachnummern ist immens und mit herkömmlichen Mitteln kaum überschaubar. Zudem sind die Leistungen einzelner Lieferanten auf den ersten Blick nicht immer vergleichbar. Um ein regelmäßiges Benchmarking des gesamten Beschaffungsportfolios dennoch sicherzustellen, wurde eine intelligente Methodik entwickelt: das Performance Pricing (PP).
Performance Pricing (PP) macht das Preis-/Leistungsverhältnis unterschiedlichster Teilearten und vieler Sachnummern schnell vergleichbar. Mit Softwarelösungen wie z.B. NLPP der Schweizer Saphirion AG ist diese Methode heutzutage in großem Stil anwendbar.
Der Schlüssel: Ermittlung von Benchmarks anhand von Leistungs- und Preistreibern
Die Grundidee von PP liegt darin, dass beim Benchmarking ausschließlich durch den Anwender selektierte technische Leistungs- und Preistreiber im Verhältnis zum Preis berücksichtigt werden. Durch die klare Definition der zu berücksichtigenden Werte erfolgt die Benchmark-Berechnung absolut objektiv aus den vorhandenen Daten mit Hilfe eines bewährten mathematischen Verfahrens – im Fall einer Softwarelösung vollautomatisch.
Dieses Vorgehen bietet viele Vorteile zu anderen Ansätzen, die eine Vergleichsbasis schaffen möchten: Weder sind Spezial-Know-how über Fertigungsprozesse oder aufwändige Lieferantenaudits notwendig, noch kommen obskure “Benchmark-Datenbanken” oder Eigenkalkulationsverfahren zum Einsatz, die die Erfassung hunderter, teils geschätzter, Parameter erfordern.
Der Preisbenchmark dient als Vergleichsbasis für alle Lieferanten und ermöglicht eine durchgehende Analyse des Lieferantenportfolios.
Anwendung im Tagesgeschäft
Die Anwendung einer PP-Software folgt einem klar definierten Ablauf.
- Im ersten Schritt erfolgt die Definition der zu betrachtenden Leistungs- und Kostentreiber. Dabei hat sich eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Einkauf und Technik als sinnvoll erwiesen um die Frage “Welche Parameter sind für uns bei dieser Produktgruppe wichtig?” zu beantworten.
- Als Nächstes berechnet die Software verschiedene Benchmarks vollautomatisch, um
- anschließend für jede Sachnummer einen Zielpreis zu berechnen.
- Dann erfolgt die Analyse der Abweichungen zwischen aktuellem Preis und berechnetem Zielpreis.
Aus der Praxis: PP-Analyse bei Spritzgussteilen
Ein Hersteller von Baugruppen für die Automobilindustrie bezieht die für die Produktion benötigten Spritzgussteile von einem Zulieferer. Der Einkauf wendet die Software NLPP an, um die Ist-Preise zu analysieren. Hierfür definiert der Einkauf, in Zusammenarbeit mit der Technik, die für das Bauteil relevanten Leistungs- und Preistreiber, die anschließend im Verhältnis zum Preis ausgewertet werden. Eine gute Quelle für “richtige” Leistungs- und Kostentreiber ist die Spezifikation, die ein Lieferant erhält:
- Gewicht in g
- Losgröße
- Zykluszeit
- Kavität
Berechnung eines Zielpreises
Mit Hilfe dieser Angaben berechnet die Software eine Zielpreisformel. Das klingt zunächst unmöglich, ist jedoch mittels Regressionsanalyse – einem bewährten, statistischen Analyseverfahren – machbar. Ein großer Vorteil der eingesetzten NLPP-Lösung ist, dass die Software alle notwendigen Berechnungen automatisch durchführt, ohne dass der Anwender eingreifen müsste.
Im vorliegenden Beispiel sieht die durch die Software berechnete Zielpreisformel wie folgt aus:
Zielpreis = exp (0,104 + 0,005 * Gewicht – 0,332 * Kavität + 26,924 * Zykluszeit + 1.344,159 * (1 / Losgröße))
Der Zielpreis wird dann ebenfalls automatisch durch die Software berechnet, indem die Werte für die Leistungs- und Preistreiber jeder Sachnummer in die Formel eingesetzt werden. Nach wenigen Sekunden stehen dem Einkäufer die Zielpreise für jede Sachnummer zur Verfügung.
Einflussstärke von Leistungstreibern auf den Preis
Im Vergleich zu anderen Lösungen bietet die NLPP-Software dabei eine Besonderheit: NLPP berechnet zusätzlich die Stärke des Einflusses jedes Leistungstreibers auf den Preis und erkennt Leistungstreiber, die keinen Einfluss auf den Preis haben. Diese werden durch die Software automatisch aussortiert. So wird sichergestellt, dass immer das beste mathematische Modell berechnet wird.
In diesem Beispiel ergab sich folgendes Bild für die Stärke des Einflusses:
- Zykluszeit = 1,795
- Losgröße = 1,331
- Kavität = 0,995
- Gewicht = 0,554
Die Interpretation der Zahlen ist einfach: Beispielsweise hat die Losgröße (1,331) einen etwas mehr als doppelt so großen Einfluss auf den Preis wie das Gewicht (2 * 0,554 = 1,108 < 1,331). Anhand solcher Zahlen kann also herausgefunden werden, in welchem Verhältnis Eigenschaft A und B auf den Preis wirken.
Einfache Interpretation der Ergebnisse dank grafischer Darstellung
Um Verbesserungspotenzial im Lieferantenmanagement zu erkennen und Maßnahmen abzuleiten, ist eine aufschlussreiche graphische Darstellung des Ergebnisses absolut notwendig.
Der vorhandene Ist-Preis und der berechnete Zielpreis werden von der NLPP-Software in ein Koordinatensystem eingetragen. Jede Sachnummer wird durch ihre X- und Y- Koordinate aus Ist- und Zielpreis dargestellt.
Die berechneten Marktbenchmarks werden als Referenzlinien in der Punktewolke angezeigt. Diese Referenzlinien lassen sofort erkennen, welche Produkte um welchen Betrag vom entsprechenden Marktbenchmark abweichen.
Durch Einfärben der Datenpunkte nach verschiedenen Kriterien, wie zum Beispiel Lieferant oder Region, liefern die Ergebnisse wertvolle Erkenntnisse über die aktuelle Struktur des Lieferantenportfolios und erlauben eine systematische Steuerung.
Die Performance-Pricing-Methode hat weiterhin den Vorteil, dass für Teile mit ähnlichen Eigenschaften ein ähnlicher Zielpreis berechnet wird.
Bilden Datenpunkte eine vertikale Linie, bedeutet dies, dass die aktuellen Preise für die Teile unterschiedlich sind, während der Zielpreis gleich sein sollte.
Solche signifikanten Formationen können mit einer Lösung wie NLPP leicht gefunden und genutzt werden.
Nutzung der Ergebnisse in Verhandlungen
Die berechneten Ergebnisse sind nicht nur theoretischer Natur, sondern können vielfältig in Verhandlungen genutzt werden:
- Liegen die Zielpreise ähnlicher Sachnummern dicht beieinander, die Ist-Preise weichen jedoch stark voneinander ab, so muss nun der Lieferant die Preisunterschiede erläutern bzw. entkräften. Durch dieses Vorgehen erfolgt eine “Umkehrung der Beweislast” und die eigene Verhandlungsposition wird gestärkt.
- Für gewisse Teilespezifikationen ist zu erkennen, dass ein Lieferant ein hohes Einsparpotenzial besitzt. Eine Ursachenanalyse und die Vereinbarung von Maßnahmen hilft diesem, wettbewerbsfähiger zu werden, wodurch auch die Qualität des eigenen Lieferantenportfolios steigt.
- Lieferanten, deren Teilpreise in der Nähe des “Best Practice Benchmark” liegen, d.h. die Champions, sind gute Kandidaten für eine intensivere Partnerschaft mit echtem Mehrwert für beide Seiten.
- Lieferanten, die als “Low Performer” identifiziert werden, da die Teilepreise deutlich über dem Benchmark liegen, könnten mit dem Zielpreis konfrontiert werden. Je nach Fortschritt der Verhandlungen ist eine Verlagerung zu Lieferanten der Kategorie “Champion” in Erwägung zu ziehen.
Nutzung der Ergebnisse für Produktentwicklung
Da bekannt ist, wie stark ein Kosten- und Leistungstreiber auf den Preis wirkt, kann in Zusammenarbeit mit der Technik bereits sehr früh eine Optimierung des zukünftigen Teiles erfolgen. Die berechnete Preisprognoseformel hilft dabei, ständig und schnell einen genauen wahrscheinlichen Marktpreis berechnen zu können.