UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Mai
- Trotz des historisch stärksten monatlichen Anstiegs des EinkaufsManagerIndex wird der Schwellenwert von 50 Punkten, der ein Wachstum der Industrie signalisiert, weiterhin unterschritten
- Nach dem Rekordtief im April liegt der Indikator, zwar um fast 9 Punkte verbessert, weiter auf nur 40,4 Punkten
- Die österreichischen Betriebe reduzierten die Produktionsleistung etwas weniger stark, da sich auch der Rückgang des Neugeschäfts verlangsamte
- Der Beschäftigungsabbau in der heimischen Industrie hält an, aber mit geringerem Tempo
- Der Rückgang der Preise im Ein- und Verkauf beschleunigte sich
- Die Nachfrageschwäche ließ die Bestände in den Auslieferungslagern auf ein Rekordhoch anwachsen
- Nach dem Tiefpunkt im April stieg auch der Index der Produktionserwartungen im Mai um über 10 auf 40,6 Punkte
- Für die zweite Jahreshälfte ist ein spürbarer Aufschwung zu erwarten, der den Rückgang der Industrieproduktion im Gesamtjahr 2020 auf unter 10 Prozent begrenzen sollte
Trotz der historisch stärksten monatlichen Verbesserung hält die im März 2020 begonnene Talfahrt der österreichischen Industriekonjunktur weiter an und der Schwellenwert des Indikators von 50 Punkten, der ein Wachstum der Industrie signalisiert, wird weiterhin sehr klar unterschritten.
„Der Einbruch in der heimischen Industrie infolge der Corona-Krise hat sich im Mai mit den ersten Lockerungsmaßnahmen zu verlangsamen begonnen. Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex stieg vom Rekordtief im Vormonat um fast 9 auf 40,4 Punkte“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. „Nach dem Einbruch im April zeigt der aktuelle UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex einen langsameren, aber dennoch starken Rückgang der Produktion und des Neugeschäfts auch gegenüber dem bereits sehr schwachen Vormonat an. Der Beschäftigungsabbau wurde, zwar mit etwas vermindertem Tempo, daher fortgesetzt. Die Preisrückgänge im Ein- und Verkauf und insbesondere der starke Anstieg der Bestände in den Fertigwarenlagern weisen auf die ungebrochen schwierige Nachfragesituation hin“, so Bruckbauer.
Mangel an Neuaufträgen veranlasst Betriebe zu erneuter starker Drosselung der Produktion
Trotz der Mitte April begonnen schrittweisen Lockerung des Lockdowns in Österreich haben die heimischen Industriebetriebe im Mai die Produktion nochmals zurückgefahren, allerdings hat sich das Tempo der Output-Drosselung spürbar verringert. Der Produktionsindex stieg im Mai nach dem Rekordtief im Vormonat auf 36,5 Punkte. Damit liegt der Index aktuell zumindest wieder etwas höher als am Höhepunkt der Finanzkrise zum Jahreswechsel 2008/2009. Die Konsumgüterindustrie verzeichnete sogar einen moderaten Aufschwung, während die Vorleistungs- und Investitionsgüterindustrie erneut – wenn auch etwas geringere Einbußen als im Vormonat – vermeldeten.
„Der erneute Produktionsrückgang im Mai ist zum Teil eine Folge der Maßnahmen, die die Fertigung beeinträchtigten, ist aber vor allem auf die anhaltende Schwäche der Nachfrage zurückzuführen. Die Neuaufträge aus dem In- und aus dem Ausland sind auch im Mai wieder stark gesunken. Betriebsschließung von Abnehmern, logistische Probleme und die allgemeine Zurückhaltung der Kunden aufgrund der herrschenden Verunsicherung sind dafür verantwortlich“, so Bruckbauer. Die Zurückhaltung der Abnehmer aus dem Ausland war im Mai aufgrund der in vielen europäischen Ländern und den USA weitgehend unverändert bestehenden Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus besonders groß.
Der Exportauftragsindex blieb trotz eines Anstiegs auf 30,1 Punkte hinter dem Index für die gesamten Neuaufträge von 31,9 Punkten zurück, obwohl einige Unternehmen etwas Rückenwind aus dem asiatischen Raum sowie aus der europäischen Bauwirtschaft spürten. Angesichts der anhaltenden Flaute des Neugeschäfts nahmen die Auftragspolster der heimischen Betriebe trotz der starken Produktionsrücknahme sowie vereinzelter Fertigungsunterbrechungen im Mai ab. Die Anzahl der Neuaufträge war im Mai somit geringer als die Anzahl der erledigten Aufträge.
Beschäftigungsabbau setzt sich den dritten Monat in Folge fort
Die heimischen Betriebe haben im Mai den Stellenabbau zur Anpassung der Produktionskapazitäten an den Nachfragerückgang fortgesetzt. Der deutliche Anstieg des Beschäftigtenindex auf 41 Punkte zeigt, dass sich das Tempo des Beschäftigtenrückgangs gegenüber dem Vormonat zumindest verlangsamt hat. „Nach der stabilen Beschäftigungslage in der heimischen Industrie zu Beginn des Jahres gingen aufgrund der Corona-Krise seit März viele Jobs verloren. Mittlerweile beträgt die Arbeitslosenquote im Sektor beinahe 6 Prozent und liegt damit um mehr als 2 Prozentpunkte über dem Vorjahr“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft ist die Arbeitslosenquote in der Industrie während der Krise weniger stark gestiegen und ist derzeit auch nur etwa halb so hoch. Während im Dienstleistungssektor nach den ersten Lockerungsmaßnahmen der Arbeitsmarkt bereits etwas in Bewegung gekommen ist, wird sich die Erholung der Beschäftigung in der Industrie bedingt auch durch die hohe Exportabhängigkeit voraussichtlich zäher gestalten. Mit durchschnittlich 5 Prozent wird die Arbeitslosenquote in der Industrie im Jahr 2020 nach Einschätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria zwar deutlich unter den erwarteten rund 11 Prozent in der Gesamtwirtschaft liegen, jedoch deutlich über den 3,7 Prozent des Vorjahres.
Nachfrageschwäche dominiert Preisentwicklung und das Lagermanagements
Angesichts der verringerten Nachfrage hat sich im Mai die Talfahrt der Preise für Rohstoffe und Halbfertigprodukte weiter beschleunigt, insbesondere für Rohöl und damit in Beziehung stehende Produkte, wie Energie, Treibstoffe und Kunststoffe. Der Preisrückgang im Einkauf fiel so stark wie zuletzt im Sommer 2012 aus. Dennoch haben die österreichischen Betriebe die Einkaufsmenge im Vergleich zum Vormonat erneut stark reduziert. Die deutliche Verringerung der Produktion hat dennoch einen leichten Anstieg der Lagerbestände an Vormaterialien verursacht.
„Die heimischen Industriebetriebe haben versucht, der schwächelnden Nachfrage mit Rabattierungen entgegenzusteuern. Die Verkaufspreise sanken im Mai so stark wie zuletzt vor 11 Jahren. Der historisch stärkste monatliche Anstieg der Bestände in den Auslieferungslagern zeigt aber, dass im Mai auch kräftige Preisreduktionen die Nachfrage nicht ausreichend ankurbeln konnten“, meint Pudschedl. Neben der sinkenden Nachfrage sind auch aufgrund von Auslieferproblemen die Lagerbestände gestiegen. Einige österreichische Industrieunternehmen haben jedoch in Erwartung steigender Nachfrage ihre Warenlager bewusst aufgestockt.
Tiefpunkt erreicht, doch Erholung kommt nur langsam voran
Die aktuelle Verbesserung des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex auf 40,4 Punkte basierend auf einem Anstieg des Index der Produktionsleistung, der Neuaufträge und der Beschäftigung unterstreicht, dass die heimische Industrie den Konjunkturtiefpunkt vom April noch nicht ganz überschritten hat. Trotz erster Erleichterungen im Inland standen die Lockdown-Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus in ganz Europa und in den USA einer raschen Erholung noch entgegen. Sowohl der aktuelle Gesamtindex als auch jener für die Produktionserwartungen für die kommenden 12 Monate liegen weiter deutlich unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Der vorläufige Einkaufsmanagerindex für die Eurozone mit einem Anstieg auf 39,5 Punkte sowie für die USA auf 39,8 Punkte im Mai zeigen, dass sich das wirtschaftliche Umfeld für die exportabhängige österreichische Industrie noch nicht maßgeblich entspannt hat.
Mit der schrittweisen Lockerung der beschränkenden Maßnahmen im In- und Ausland sollte sich das Geschäftsumfeld für die österreichische Industrie in den kommenden Monaten jedoch bessern. „Nach dem Konjunktureinbruch im April hat die österreichische Industrie keinen Blitzstart hinlegen können. Die Nachfrage insbesondere aus dem Ausland kommt kaum in Schwung. Die Nachfragezurückhaltung durch die Verunsicherung der Konsumenten und Produzenten wird sich in den kommenden Monaten nur allmählich lösen. Wir bleiben aber optimistisch und erwarten für die zweite Jahreshälfte einen spürbaren Aufschwung, der den Rückgang der Industrieproduktion im Gesamtjahr 2020 auf unter 10 Prozent begrenzen sollte“, so Bruckbauer. Unter der Annahme, dass es zu keinem Wiederaufleben der Corona-Pandemie kommt, sollte 2021 die heimische Industrie dann wieder klar auf Wachstumskurs segeln können.
(Quelle: UniCredit Bank Austria Economics & Market Analysis Austria)